Abfallentsorgung ist häufig der letzte Schritt im Arbeitsprozess eines Unternehmens, wird jedoch oftmals nicht als Prozess wahrgenommen. Dies zeigt sich in vielen Unternehmen, wenn dort nach einem Entsorgungskonzept oder Regelungen für die Sammlung, Aufbewahrung und Abtransport der Abfälle gefragt wird. Abfallentsorgung steht im Ruf, unproduktiv, lästig und schmutzig zu sein und ist daher ein Prozess, der in vielen Unternehmen gerne übersehen wird und die Pflichten aus den Vorschriften dem Entsorgungsunternehmen übertragen werden. Es heisst häufig: «Mein Entsorger macht das schon.» Jedes Unternehmen muss sich aber im Klaren darüber sein, dass die Pflichten nicht einfach so übertragen werden können.
Als gesetzliche Grundlage für die Abfallentsorgung aus Unternehmungen im Inland gelten:
- die Verordnung über den Verkehr mit Abfällen (VeVA) und
- die Verordnung über Listen zum Verkehr mit Abfällen (LVA)
In der VeVA sind die allgemeinen Bestimmungen, wie der Geltungsbereich oder Begriffsbestimmungen aufgeführt. Der wichtigste Teil für die Entsorgung im Inland sind jedoch die dort aufgeführten Pflichten der einzelnen Beteiligten. Zusätzlich regelt die VeVA noch die grenzüberschreitende Entsorgung.
Der wichtigste Bereich in der LVA ist der Anhang 1 mit dem Abfallverzeichnis und den darin enthaltenen Abfallcodes. Diese Abfallcodes sind sechsstellig und beschreiben den Herkunftsbereich des Abfalls und auch den Abfall selbst. Die Abfälle teilen sich in der LVA auf in Sonderabfälle, andere kontrollpflichtige Abfälle (ak- oder akb-Abfälle) und sonstige Abfälle. Diese Unterscheidung der drei Abfall-Kategorien ist wichtig, da speziell bei Sonderabfällen zusätzliche Pflichten für den Abgeber gelten.
Handelt es sich bei den Abfällen auch noch um gefährliche Güter sind zusätzlich
- die Verordnung über die Beförderung gefährlicher Güter auf der Strasse (SDR) sowie
- das Europäische Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Strasse (ADR)
zu beachten.
Diese Gefahrgutvorschriften regeln beispielsweise die Verpackung und Kennzeichnung in Verbindung mit der Art und der Gefährlichkeit des Abfalls, sowie die Transportdokumentation und die Fahrzeugausrüstung.
Abfallentsorgung: Pflichten der Unternehmen
Als Beteiligte im Entsorgungsprozess gemäss VeVA gelten der Inhaber der Abfälle (Abgeber), das Entsorgungsunternehmen (Entsorger), sowie der Transporteur. Diesen Beteiligten sind sowohl aus der VeVA wie auch aus dem Gefahrgutrecht definierte Pflichten zugewiesen.
Eine Grundpflicht des Abgebers ist es den Abfall gemäss der LVA einzustufen, dem Abfall einen Abfallcode zuzuordnen. Handelt es sich bei dem Abfall auch um ein Gefahrgut, muss auch eine Gefahrguteinstufung erfolgen. Da diese Einstufungen für die Abgeberbetriebe nicht immer einfach sind, wird häufig auf das Fachwissen von Entsorgern oder anderer Unternehmen zurückgegriffen.
Da jedes Entsorgungsunternehmen eine Zulassung für die Annahme der Abfälle benötigt, muss sich der Abgeber bei der Auswahl eines geeigneten Entsorgers davon überzeugen, dass das Entsorgungsunternehmen diesen Abfall auch annehmen darf. Für diese Überprüfung eignet sich die Internetlösung www.veva-online.ch des Bundesamtes für Umwelt (BAFU). Hier kann mit Hilfe des VeVA-Codes ein geeignetes Entsorgungsunternehmen gefunden werden.
Bei der Entsorgung von Sonderabfällen oder anderen kontrollpflichtigen Abfällen mit Begleitscheinpflicht muss der Abgeber ein VeVA Begleitschein erstellen. Dieser Begleitschein dient der Dokumentation über die durchgeführte Entsorgung.
Eine weitere Pflicht des Abgebers ist bei Sonderabfällen die Kennzeichnung des Behälters. Für die Kennzeichnung werden folgende Angaben benötigt:
- Bezeichnung «Sonderabfall» in deutsch, französisch (Déchets spéciaux) und italienisch (Rifiuti speciali)
- Abfallcode oder Abfallbezeichnung
- Begleitscheinnummer
Diese hier genannten Aufgaben werden von vielen Unternehmen an das Entsorgungsunternehmen delegiert. Grundsätzlich ist dieses Vorgehen auch in Ordnung, da dort in der Regel das nötige Fachwissen vorhanden ist. Die Praxis zeigt jedoch, dass auch bei Entsorgungsunternehmen Fehler entstehen können. Daher ist eine regelmässige Kontrolle des Entsorgers wichtig. Es ist hier nochmals deutlich hervorzuheben – die Pflichten und damit auch die Verantwortung verbleiben beim abgebenden Unternehmen.
Einstufen von Abfällen
Die Abfallcodes sind sechsstellig und bestimmen mit den ersten 2 Ziffern die Herkunft. Die Ziffern an der dritten und vierten Stelle beschreiben die Herkunft genauer und die Ziffern fünf und sechs definieren den Abfall. Sonderabfälle sind zusätzlich noch mit einem S und andere kontrollpflichtige Abfälle mit ak oder akb im Abfallverzeichnis bezeichnet.
Beispiel:
Die Zuordnung von Abfällen zu einem VeVA Code ist nicht immer ganz logisch, da die Abfallcodes herkunftsbezogen vergeben werden. Es stehen hierfür 20 Herkunftsbereiche zur Verfügung. So können gleiche Stoffe unter verschiedenen Nummern aufgeführt sein, da beispielsweise Lösemittel in verschiedenen Herkunftsbereichen anfallen können.
Es ist bei der Herkunft des Abfalls immer der Entstehungsprozess des Abfalls zu betrachten, da z.B. in der Holzbearbeitung Lacke und Farben anfallen können, die im Herkunftsbereich der Holzbearbeitung nicht aufgeführt sind.
Grundsätzlich ist es auch erforderlich, dass das abgebende Unternehmen den Transporteur und den Entsorger über die tatsächlichen Inhaltsstoffe und die Eigenschaften des Abfalls informiert und nicht nur den Abfallcode angibt. Dies ist wichtig, da der Transporteur die Gefahrgutvorschriften zu beachten hat und das Entsorgungsunternehmen den Schutz der Umwelt, des Personals oder der Entsorgungsanlagen gewährleisten muss.
VeVA Begleitschein
Für die Übergabe von Sonderabfällen oder anderen kontrollpflichtigen Abfällen mit Begleitscheinpflicht wird für jeden Abfallcode ein Begleitschein in dreifacher Ausfertigung verwendet. Ausnahme bildet das elektronische Begleitscheinverfahren. Dieser Begleitschein ist ein vorgegebenes Formular, auf dem Angaben zu den Beteiligten, zum Sonderabfall, sowie zum Entsorgungsverfahren gemacht werden. Alle Beteiligten bestätigen mit Ihrer Unterschrift die ordnungsgemässe Teilnahme am Entsorgungsprozess. Das Begleitscheinverfahren sieht vor, dass die Begleitscheine von den Beteiligten für fünf Jahre aufbewahrt werden müssen. Diese Aufbewahrungsfrist ist vielen Unternehmen nicht bekannt, so dass ein Auffinden der Begleitscheine bei einer Kontrolle oftmals schwierig ist. Daher ist es wichtig, den Begleitscheinen die nötige Sorgfalt zukommen zu lassen und sich ein Ablagesystem zu überlegen, um zukünftig diese Dokumente einfach und schnell zu finden.
Ausnahmen zur Begleitscheinpflicht gibt es beispielsweise bei Nicht-Sonderabfällen, bei Kleinmengen bis 50 kg oder Warenretouren in Originalverpackung an den Händler.
Mit der vom BAFU zur Verfügung gestellten Internetlösung www.veva-online.ch steht jedem Unternehmen eine gut geeignete Plattform zur Verfügung, mit der unkompliziert die erforderlichen Begleitscheine erstellt und ausgedruckt werden können. Für den Zugang zu dieser elektronischen Datenbank wird die VeVA-Betriebsnummer sowie ein Passwort benötigt, welche bei der jeweiligen kantonalen Vollzugsstelle erhältlich ist.
Das Abfallkonzept, die Basis zum verantwortungsbewussten Handeln
Viele Unternehmen wissen oft nicht welche Arten von Abfällen im Unternehmen anfallen. Das Abfallkonzept ist ein geeignetes Mittel, um den Überblick über den Entsorgungsprozess zu erhalten. Es kann den Ablauf und die einzuhaltenden Pflichten für die im Unternehmen anfallenden Abfälle einfach darstellen. Auch die erforderliche Trennung der verschiedenen Abfälle im Unternehmen sollte dort abgebildet werden.
Durch die Verknüpfung der nötigen Angaben aus dem Abfallrecht und den Anforderungen des Gefahrgutrechtes kann zudem ein Unternehmen seinen Mitarbeitenden ein einfaches Hilfsmittel zur Verfügung stellen, um den ordnungsgemässen Ablauf des Entsorgungsprozesses zu gewährleisten.
Fazit
Das unliebsame Thema Abfallentsorgung wird zu Unrecht stiefmütterlich behandelt. Oftmals lohnt sich eine kritische Untersuchung des Entsorgungsprozesses im Sinne einer Bestandsanalyse. Dies können Sie mit eigenen Kräften oder mit externer Unterstützung bewerkstelligen. Grundsätzlich ist es aber wichtig, die eigenen Mitarbeitenden in diesen Prozess einzubeziehen und alle Abteilungen beim Thema Abfallentsorgung zu schulen und stets auf dem Laufenden zu halten. Bei entsprechendem Engagement im Bereich Abfallentsorgung läuft bei Ihnen im Betrieb alles einfach sauberer, sicherer und umweltschonender und meist resultiert sogar eine Kostenersparnis.
Weiterführende Informationen: https://www.safetycenter.ch/gefahrstoff-gut/abfall-entsorgung
Passender Kurs: Abfallentsorgung im Betrieb: https://akademie.svti-gruppe.ch/de/kurse/abfallentsorgung-im-betrieb/k!22059/
Passende Tagungen:
23. Gefahrguttag Schweiz, 20.10.2021, www.gefahrguttag.ch
10. Gefahrstofftag Schweiz, 11.11.2021, www.gefahrstofftag.ch
Autor:
Matthias Mettke
Berater im Bereich Umweltsicherheit
Swiss Safety Center