Brennende E-Autos in Tiefgaragen: Brennen Sie tatsächlich häufiger? Brennen Sie heisser? Brennen Sie länger? Löscht man sie anders? Ist das schwieriger? Gibt es denn wirklich keine Lösungen? Zeit, mit ein paar Mythen aufzuräumen und Profis mit Erfahrungen und Lösungsansätzen zu Wort kommen zu lassen.
Die Bilder eines brennenden Frachters vor Holland haben in diesem Sommer wieder einmal eine Menge Gerüchte und Halbwahrheiten rund um brennende E-Autos in Umlauf gebracht.
Grundsätzlich gibt es kurz zusammengefasst folgende Unterschiede zwischen Elektrofahrzeugen und Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor: Beim Ladevorgang von E-Fahrzeugen befindet sich die Batterie elektrochemisch betrachtet in Betrieb. Störungen in der Elektronik oder den Zellen können zum Entzünden der Batterie mit schneller Energiefreisetzung führen. Andere Bauteile des Fahrzeuges sind oft sekundäre Brandlasten. Bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor werden Brände meistens durch fehlerhafte Elektronik oder Hitzeprobleme ausgelöst. Primäre Brandlasten sind meist Bauteile der Karosserie und des Innenraums. Kraft- und Betriebsstoffe sind selten Ausgangspunkt eines Brandes.
Brennende E-Autos: passiert das häufiger als bei Benzin- oder Diesel-Fahrzeugen?
Räumen wir zuerst einmal rund um die Frage auf, ob E-Autos häufiger brennen als Autos mit Verbrenner-Motoren. Hier stehen Wahrnehmung und Statistiken in einer deutlichen Diskrepanz zueinander.
Eine Umfrage von Statista ergab: 35 Prozent der Befragten halten Elektroautos für am gefährlichsten, wenn es um Brände geht. Benziner halten zehn Prozent für gefährlich, bei Dieseln sind es gerade einmal vier Prozent. Aber: Die allermeisten Studien stützen diese Angst vor dem E-Auto nicht. Eine Studie des amerikanischen Versicherers AutoinsuranceEZ ergab beispielsweise sogar, dass nur 25 von 100’000 versicherten E-Autos brennen. Bei Verbrennern sind es 1530 von 100’000 Fahrzeugen.
Dass ein E-Auto in einer Tiefgarage in Brand gerät, erlebte auch Jan Bauke (Hptm Dr. habil., Ausbildungschef FW & ZS / BL Stv bei Schutz & Rettung Zürich) noch nicht allzu oft. Und: Ein solcher Alarm beunruhigt ihn nicht mehr, als wenn es ein Verbrenner-Auto wäre. «Ein E-Auto ist ein Auto wie jedes andere auch – der Einsatz könnte einfach länger dauern», sagt er. «Wir versuchen wenn immer möglich mit einer Wasserleitung ranzugehen, das Fahrzeug mit einer Wärmebildkamera zu lokalisieren und es dann zu löschen – mit Wasser, so wie ein anderes Auto auch.»
Brennen E-Autos heisser oder länger und löscht sie die Feuerwehr anders?
Die Frage ist: was genau brennt im Auto? Einen Kurzschluss kann es in jedem Fahrzeug geben und auch bei einem Verbrenner brennt in der Regel nicht der Tank. Das Problem aus der Sicht der Feuerwehr: «Im Batteriepaket hat es Sauerstoff, der das Feuer speist, deshalb wird es immer heisser. Irgendwann machen die Batterien auf und wir haben einen Vollbrand. Und: Falls das Batteriepaket betroffen ist, kommen wir mit dem Wasser nicht dorthin, wo es brennt», sagt Jan Bauke.
«Wir kühlen von aussen und brauchen relativ viel Wasser und das dauert lange», sagt Bauke. «Wenn der Brand gelöscht ist, sollte das Auto aus der Tiefgarage raus, es könnte nämlich zu einer weiteren Reaktion kommen. Das ist aufwändig und es gibt nicht viele Abschlepper, die dafür ausgerüstet sind. Deshalb müssen wir das vermutlich selbst machen, vor allem auch, weil noch Atemgift in der Tiefgarage sein dürfte. Zudem ist die Garage danach richtig kontaminiert, das braucht eine Spezialreinigung. Den Rauch in der Garage saugen wir ab, das machen wir aber auch, wenn keine E-Autos betroffen sind. Aber aus all diesen Gründen gibt es vor allem den einen Unterschied: es ist nicht schwieriger, aber es braucht mehr Geduld.»
Brennende E-Autos und Strukturschäden am Gebäude
Tiefgaragen sind häufig niedrig. Das heisst: Die Wärme kann nicht weg und staut sich an der Decke. «Dort kann es rasch einmal 1000 Grad heiss werden», sagt Jan Bauke. «Das hält der Beton nicht aus. Weil er noch immer einen Wasseranteil enthält, gibt es Abplatzungen. Ausserdem werden die Armierungseisen bei 500 bis 600 Grad weich, die Stabilität lässt nach und wir haben ein Statik-Problem. Da gibt es Beispiele, wo ganze Tiefgaragen einen Totalschaden erlitten. Wir hatten auch einen Fall im Ausstellungsraum einer Autogarage. Das brannte heftig und führte zu Strukturschäden im Gebäude. Aber: Diese thermische Belastung gibt es immer, auch bei einem Brand von Benzin- oder Dieselfahrzeugen.»
Hier bringt Jan Bauke das Thema E-Busse und die Garagen von öffentlichen Verkehrsbetrieben ins Gespräch. «Diese E-Busse stehen leider meistens auch in einer Tiefgarage», sagt er. «Das ist ein einziger grosser Brandabschnitt. In einem E-Bus ist zudem das Batteriepaket grösser. Dann könnte es tatsächlich sein, dass wir nicht mehr reingehen, um zu löschen – es wäre schlicht zu gefährlich. Wir versuchen es zwar immer, aber es kann einen Punkt geben, wo wir einfach noch schauen, dass das Feuer bleibt, wo es ist. Irgendwann ist kein Brandgut mehr da und dann brennt es auch nicht mehr.»
Brennende E-Autos: Hochdruckwassernebel liefert vielversprechenden Ansatz
Es gibt zwar verschiedene Produkte am Markt, wie grosse Löschdecken, um den Brand zu ersticken und brennende E-Autos sicher nach draussen zu bringen und dort weiter zu beobachten. Jan Bauke ist da aber eher skeptisch. Auch gibt es Lanzen, die man in die Batteriepakete rammen kann. «Das wäre zwar clever, aber man weiss ja nicht, wo genau der Brandherd ist und wo man mit der Lanze hin sticht», sagt Bauke. «Gut wäre es, wenn wir einen direkten Zugang von aussen zur Batterie hätten, um sie zu fluten. In der Formel E gibt es das. Aber es sieht halt nicht so schön aus, wenn ein Auto zwei Löcher hat.»
Bleibt also Wasser von aussen. Gemäss Angaben von Tesla werden pro Löscheinsatz rund 11’000 Liter Wasser benötigt, um einen brennenden Tesla endgültig zu löschen. Wenn man davon rund 80 Prozent einsparen könnte, gäbe es deutlich weniger kontaminiertes Wasser, das letztlich wieder aufgefangen und entsorgt werden muss.
Das ist einer der Vorteile, die die Hochdruckwassernebel-Technologie bieten soll. Hier werden bis zu 80 Prozent weniger Wasser benötigt als bei einem klassischen Sprinkler. «Wassernebel nimmt die Wärmeenergie besser auf und kühlt die Gebäudestruktur», sagt Roman Fitze von der Siemens Schweiz AG. «Dadurch wird die Abplatzungsgefahr von Beton und die Gefahr von instabilen Pfeilern stark reduziert.»
Die Hochdruckwassernebel-Technologie gibt es schon lange, der Siemens-Partner Fogtec sammelte seit dem Jahr 1997 Erfahrungen damit, in Tunnels, Zügen oder Gebäuden. Seit dem Jahr 2020 hat Fogtec über das Projekt Suveren eine Menge Brandversuche rund um die Löschung von E-Autos in Tiefgaragen durchgeführt und entsprechende Zulassungen erhalten. Die Versuche zeigten: Wassernebel funktioniert besser als eine Sprinkleranlage. Die Wärme kann über Wassertropfen verdampfen und abtransportiert werden, während bei Sprinklern deutlich mehr Wärmestrahlung durch die Tropfen gelangt und benachbarte Fahrzeuge eher ebenfalls in Brand geraten.
Mit Sprinkleranlage gleichgestellt, aber effizienter
«Die Hochdruckwassernebel-Löschung ist eigentlich eine Weiterentwicklung der Sprinklertechnik», sagt Roman Fitze. «Die Sprinkleranlagen werden mit einem Pumpensystem auf einen höheren Druck gebracht, an der Pumpe werden rund 120 Bar erzeugt. Das Wasser wird dann über Rohrleitungen zu Düsen geführt, wo noch ein Druck zwischen 60 und 100 Bar besteht. Dort wird ein ganz feiner Nebel erzeugt – deutlich feiner, als der Sprinklerkopf das machen würde. Bei der Verdampfung nutzt man die Wärmespeicherung, um die Energie des Brandes besser aufzunehmen, in Dampf umzuwandeln und diesen abzuführen.»
In Tiefgaragen ist die Auflage, sofern es überhaupt eine gibt, dass eine Sprinkleranlage installiert sein muss. «Das ist sicher ein guter Schutz, aber es geht besser», sagt Roman Fitze. «Eine Hochdruckwassernebel-Anlage ist der Sprinklertechnik gleichgesetzt. Man kann mit ihr jedoch die Eigenschaften der feinen Wassertropfen effizienter und besser nutzen als mit den grossen Tropfen einer Sprinkleranlage. Die austretende Wärme und Gase werden besser absorbiert, Rauchgase ausgewaschen und es gibt eine bessere Kühlwirkung. Die Wärmeabstrahlung kann besser aufgenommen werden und man ist besser vor Strukturschäden geschützt. Unterstützt durch eine Rauch- und Wärmeabzugsanlage wird auch die Sicht für den Feuerwehrangriff verbessert.»
Ganz wichtig sei ein gutes Zusammenspiel zwischen der Branddetektion und der Löschanlage. «Man kann eine Hochdruckwassernebel-Anlage zwar klassisch über geschlossene Düsen erstellen. Ganz besonders bei Ladestationen empfehlen wir aber eine Frühdetektion mit einem Brandmeldesystem – und wir empfehlen, dieses so einzustellen, dass die Löschanlage bei einem Entstehungsbrand ausgelöst wird und den Löschvorgang frühzeitig starten kann. So lassen sich das betroffene Fahrzeug und das gesamte Gebäude früh kühlen und die Gebäudestruktur erhalten» sagt Roman Fitze.
Wie es nun weitergeht
Auch Jan Bauke hat schon von der Hochdruckwassernebel-Löschung gehört und kann sich den Nutzen vorstellen, hat selbst aber noch keine Erfahrungen damit. «Im Moment befinden wir uns in einer Experimentierphase und wir müssen Erfahrungen sammeln. Hätte man zuerst E-Autos erfunden und dann Erdöl entdeckt, hätten alle gesagt: seid ihr wahnsinnig, brennbare Flüssigkeiten in eine Garage zu stellen? Nach den E-Autos werden uns die Wasserstoff-Autos beschäftigen. Die haben zudem noch Wasserstoff mit Brennzelle drin. Wenn Wasserstoff explodiert ist die Druckwelle so stark, dass man sie nicht überlebt. Zum Glück braucht es enorm viel, bis so ein Wasserstoff-Auto explodiert.»
Aber sollte es explodieren, stellt sich die Frage: was, wenn das in einem Tunnel oder in einer Tiefgarage passiert? «In einem Tunnel sehe ich kein Problem, hier gibt es immer einen Luftzug und Wasserstoff ist 14 Mal leichter als Luft, der wird sofort verwirbelt», sagt Bauke. «In einer Tiefgarage wäre das anders, aber um den Tank kaputt zu machen, müsste man in der Garage mit horrendem Tempo in eine Wand fahren. Das ist schwierig. Aber irgendwann werden wir bestimmt den ersten Einsatz mit einem Wasserstofffahrzeug haben.»
Jan Bauke ist es aber wichtig, auch noch mal die ‘Basics’ zu erwähnen. Wenn ein E-Auto an der Ladestation in einer Tiefgarage zu brennen beginnt:
- Sofort aus der Garage raus, Türen zu Wohnhäusern schliessen
- Feuerwehrnotruf 118 alarmieren
- Klare Auskunft geben, dass ein E-Auto (wenn möglich mit Typ-Angabe) an der Ladestation in der Tiefgarage zu brennen begann
- Feuerwehr in Empfang nehmen und einweisen
«Das würde uns helfen», sagt Jan Bauke. «Und: Tiefgaragen sind nicht so konstruiert, dass die Feuerwehr Menschen retten kann. Man muss dort sofort raus und Nachbarn davon abhalten, ihre Autos noch rausfahren zu wollen. Autos kann man reinigen oder neu kaufen. Menschen nicht.»