Der 6. Gefahrstofftag Schweiz der Swiss TS schlug einen Bogen von den wichtigsten Neuerungen im Chemikalienrecht und der Lagerung von Gefahrstoffen über Grenzwerte am Arbeitsplatz und MAK-Wert Messungen bis hin zu Gefährdungsanalysen.
30 Jahre und zehn Tage lagen zwischen den beiden Daten: In der Nacht auf den 1. November 1986 ereignete sich der Chemieunfall in Schweizerhalle, am Morgen des 10. November 2016 versammelten sich die Teilnehmenden des 6. Gefahrstofftages Schweiz in Opfikon. Diese beiden Ereignisse haben durchaus einen Zusammenhang, wie Tagungsleiter Matthias Mettke einführend erläuterte. Der Gefahrgut- und Gefahrstoffexperte der Swiss TS zeigte eindrückliche Bilder und Filme von damals und resümierte: «Der Chemieunfall in Schweizerhalle war die Geburtsstunde der Störfallverordnung, die am 1. April 1991 schliesslich in Kraft trat. Damit solche Dinge nicht mehr passieren.» Traditionsgemäss eröffnete Mettke den Gefahrstofftag Schweiz mit einem Überblick über die wichtigsten Änderungen im Chemikalienrecht und sprach auch den Geltungsbereich der Störfallverordnung und deren Regelungen an. Ausserdem informierte er in kompakter Form zu REACH 2018, zur geplanten Revision der Chemikalienverordnung sowie zu neuen Wegleitungen des Bundesamts für Gesundheit.
Lagerung von Gefahrstoffen
Schweizerhalle war auch der Auslöser zur Gründung der Muttergesellschaft der DENIOS AG – ebenfalls mit dem Ziel, dass solche Dinge nicht mehr passieren. Geschäftsführer Titus Zimmermann nahm sich dementsprechend dem Thema der Lagerung von Gefahrstoffen an. Besonderes Augenmerk legte er dabei auf die Unterschiede zwischen der reinen Lagerung und des Umgangs mit Gefahrstoffen. «Sobald ein Produkt geöffnet wurde, sprechen wir von Umgang», sagte Zimmermann, «auch wenn wir es danach wieder schliessen und in den Schrank zurückstellen. Ist es nicht mehr originalverpackt, gehört es nicht mehr in die erste Kategorie.»
Unter diesen Aspekten ging Zimmermann auf die Schweizer Gesetzgebung ein, zeigte deren Aufbau und Unterschiede zum Ausland auf und betonte die verschiedensten Eckpunkte, die es dabei unbedingt zu beachten gilt. Dabei sprach er unter anderem die Brandschutz-Richtlinien der VKF an, aber auch die Vorschriften rund um den Umwelt- und Gewässerschutz sowie zur Arbeitssicherheit. Er erläuterte Fragen des Brandschutzes sowie der Lagerung in Gebäuden und im Freien und er gab Beispiele rund um brennbare Flüssigkeiten, die Anforderungen für weitere Stoffe, die nötigen Schutzabstände sowie Blitzschutzsysteme.
Grenzwerte am Arbeitsplatz
Wie Grenzwerte definiert werden, ist häufig nicht klar nachvollziehbar. Mit Prof. Michael Arand, Präsident der Schweizerischen Grenzwertkommission der suissepro, lernten die Teilnehmenden einen Menschen kennen, der für solche Grenzwerte verantwortlich ist. «Grenzwerte versuchen den Punkt zwischen unschädlich und schädlich, zwischen nützlich und schädlich oder zwischen zu wenig und zu viel zu finden», sagte Arand. «Sie haben eine Leitplankenfunktion. Ihre Einhaltung reduziert die Schadenswahrscheinlichkeit auf ein akzeptables Mass. Sie sind allerdings nicht in der Lage, einen stoffexpositionsbedingten Schaden komplett auszuschliessen. Und sie werden aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse immer wieder evaluiert und eventuell neu angepasst. Hier braucht es oft auch Augenmass.» Arand erläuterte, was Grenzwerte tatsächlich können und was nicht, was die Folgen eines zu hohen oder zu tiefen Werts sind, weshalb es unterschiedliche Grenzwerte gibt und wie diese berechnet werden. Und er betonte: «Die Existenz von Grenzwerten garantiert noch nichts. Einem Monitoring mit guten Messverfahren kommt deshalb eine wesentliche Bedeutung zu.»
MAK-Wert Messungen
Damit spielte er den Ball direkt zu Manuel Calviño (Encoma GmbH). Der diplomierte Chemiker und Sicherheitsfachmann EKAS führt MAK-Wert Messungen durch, also Messungen der maximalen Arbeitsplatz-Konzentration. «Dafür braucht es Arbeitshygieniker», sagte er. «Nur sie sind in der Lage, Messungen korrekt durchzuführen und zu beurteilen sowie eine entsprechende Mess-Strategie zu definieren.» Calviño besichtigt jeweils den Arbeitsplatz und macht eine Gefährdungsanalyse. Er verschafft sich einen Überblick über die eingesetzten Stoffe und prüft, für welche Komponenten es Grenzwerte und Messmethoden gibt sowie welches Labor eine Analyse ausführen kann. «Eine Messung muss möglich und sinnvoll sein», sagte Calviño. Erst dann erarbeitet er eine Messstrategie, bereitet das Material vor und führt die Messung schliesslich durch. Dabei können verschiedenste Parameter die Messung beeinflussen: Die Konzentration, die Expositionszeit, die Nachweisgrenze und die Grenzwerte. «Es gibt verschiedene Wechselwirkungen, die man genau beobachten und interpretieren muss», sagte Calviño.
Gefährdungsanalyse
Den Bogen schloss dann Ralf Mengwasser, Leiter Expertise Services Umweltsicherheit der Swiss TS, mit seinem Referat zur Gefährdungsanalyse rund um Gefahrstoffe. Er erläuterte die sieben wesentlichen Schritte einer Gefährdungsanalyse und zeigte an verschiedenen praktischen Beispielen auf, wie Gefahrstoffe gekennzeichnet sind, wie sie in den Körper gelangen, was sie dort verursachen können, wer in der Pflicht ist dies zu verhindern – und mit welchen Massnahmen das gelingen kann. «Unfälle sind keine Zufälle», sagte Mengwasser. «Technische Massnahmen sind gut, aber sie sind kostenintensiv und können manipuliert werden. Organisatorische Massnahmen sind oft wenig wirksam. Und die persönlichen Schutzausrüstungen dürfen nur das allerletzte Mittel sein. Deshalb: Falls möglich, sollte ein Gefahrstoff durch einen ungefährlichen Stoff ersetzt werden. Wenn das gelingt, hat man am meisten erreicht und dann werden alle anderen Massnahmen überflüssig.»
Der 7. Gefahrstofftag Schweiz
Apropos Gefährdungen: Um nicht gefährdet zu sein, den 7. Gefahrstofftag Schweiz zu verpassen, sollte man sich den 9. November 2017 reservieren. Das Programm wird ab Sommer 2017 unter www.gefahrstofftag.ch ersichtlich sein.