Ein Zwischenbericht einer Expertengruppe kommt zum Schluss, dass im ehemaligen Munitionslager Mitholz ein höheres Risiko für eine weitere Explosion von Munitionsrückständen besteht als bisher angenommen.
Der Bundesrat hat deshalb an seiner Sitzung vom 27. Juni 2018 das VBS beauftragt, eine Arbeitsgruppe für weitere Abklärungen zur Risikobeurteilung und die Prüfung risikosenkender Massnahmen zu bilden. Laut dem Zwischenbericht besteht keine Notwendigkeit, Sofortmassnahmen für die lokale Bevölkerung zu ergreifen. Dennoch informiert der Bundesrat bereits heute an einer Informationsveranstaltung die Anwohnerinnen und Anwohner sowie die betroffenen Behörden.
Im 2. Weltkrieg wurde in Mitholz (Gemeinde Kandergrund BE) ein unterirdisches militärisches Munitionslager gebaut. Im Jahr 1947 kam es darin zu Explosionen, wobei 9 Menschen starben. Explodiert war ein Teil der eingelagerten rund 7000 Bruttotonnen Munition. Ein weiterer Teil konnte daraufhin geräumt werden. Aufgrund einer Schätzung befinden sich in den eingestürzten Anlageteilen und im Schuttkegel davor noch rund 3500 Bruttotonnen Munition mit mehreren hundert Tonnen Sprengstoff. Frühere Beurteilungen in den Jahren 1949 und 1986 kamen jeweils zum Schluss, dass bei einer weiteren Explosion nur mit kleinen Schäden zu rechnen sei und dass die Anlage weiter genutzt werden könne. Gestützt auf diese Beurteilungen blieben die Truppenunterkunft und ein Lager der Armeeapotheke weiter in Betrieb.
Neue Risikobeurteilung führt zu anderen Schlüssen als früher
Im Zuge von Planungen für ein neues Rechenzentrum in der Anlage hat das VBS Ende 2017 eine neue Risikobeurteilung in Auftrag gegeben. Die Untersuchung führte ein Team von externen Experten der Firmen Risk&Safety AG sowie Bienz, Kummer & Partner AG durch, unterstützt von verschiedenen Experten des VBS. Laut einem Zwischenbericht, den der Bundesrat zur Kenntnis genommen hat, besteht in den verschütteten Anlageteilen ein höheres Risiko als bisher angenommen, dass äussere Einwirkungen wie ein Felssturz, ein Einsturz weiterer Anlageteile oder auch eine Selbstzündung der verschütteten Munitionsrückstände eine Explosion verursachen könnten. Dies könnte Schäden in der Anlage selber sowie in der nahen Umgebung verursachen. Die Experten gehen dabei von zwei Szenarien aus und kommen zum Schluss, dass die Grenzwerte der heute geltenden Regelungen im Umgang mit Risiken nicht eingehalten werden.
Empfehlungen werden umgesetzt – Bundesrat setzt Arbeitsgruppe ein
Laut den Experten besteht aufgrund dieser Feststellungen keine Notwendigkeit, um für die lokale Bevölkerung Sofortmassnahmen zu ergreifen. Es wird aber empfohlen, Massnahmen zur Risikosenkung zu erarbeiten. Der Bundesrat hat deshalb das VBS beauftragt, eine Arbeitsgruppe zu bilden. Ihr werden Vertreter aller betroffenen Departemente des Bundes, weiterer Behörden sowie weiterer betroffenen Stellen angehören. Zu den Aufgaben der Arbeitsgruppe gehört insbesondere, weitergehende Untersuchungen wie etwa ein geologisches Gutachten vorzunehmen, konkrete Massnahmen zur Senkung des Risikos für die Umgebung zu prüfen oder rechtliche Folgen zu klären. Sie soll so rasch wie möglich gebildet werden.
Weitere Empfehlungen des Zwischenberichts betreffen ausschliesslich das VBS. Diese wurden auf Anweisung des Chefs VBS, Bundesrat Guy Parmelin, bereits umgesetzt oder deren Umsetzung ist im Gang. Dazu gehört, die Truppenunterkunft und ein Lager der Armeeapotheke, die beide in unmittelbarer Nähe zu den Munitionsrückständen liegen, zu schliessen. Auf ein neues Bauvorhaben in Mitholz wird ebenfalls verzichtet.
Information der Bevölkerung
Der vollständige Bericht der Experten liegt in der zweiten Jahreshälfte vor. Das VBS wurde beauftragt, den Bundesrat über den vollständigen Bericht und das weitere Vorgehen bezüglich dieser Risikobeurteilung zu informieren. Vorgesehen ist, dass das VBS den Bericht gemäss dem ordentlichen Prozess im Vollzug der Störfallverordnung dem Bundesamt für Umwelt als Fachstelle des Bundes zur Beurteilung unterbreitet; allenfalls müssen dabei auch weitere externe Gutachter beigezogen werden.
Obwohl diese Beurteilung noch aussteht und aufgrund des Zwischenberichtes keine Notwendigkeit für Sofortmassnahmen herzuleiten ist, informiert der Bundesrat bereits heute die Bevölkerung. Bundesrat Guy Parmelin sowie die Autoren des Zwischenberichts haben die Bevölkerung in Mitholz heute an einer Informationsveranstaltung sowie auch die betroffenen Behörden orientiert. Zudem werden neben dem aktuellen Zwischenbericht der Expertengruppe der Transparenz halber auch diverse historische Dokumente publik gemacht.