Dieser Artikel zeigt, wie KMU mit gezielten Massnahmen ihre digitale Souveränität stärken und sich so besser gegen Risiken in einer global vernetzten Welt wappnen können.
Autor: Thierry Kramis
Die aktuelle Bitkom-Studie bringt es auf den Punkt: Der Wahlsieg von Donald Trump hat das Vertrauen der deutschen Digitalwirtschaft in die USA massiv erschüttert. 96 Prozent der befragten Unternehmen betonen die dringende Notwendigkeit, die digitale Souveränität zu stärken, um Abhängigkeiten zu reduzieren und Resilienz aufzubauen. Für KMU ist diese Herausforderung besonders gross, da sie oft weniger Ressourcen haben, um sich gegen geopolitische Risiken und technologische Abhängigkeiten abzusichern.
Digitale Souveränität: Worum es geht
Bei der digitalen Souveränität geht es darum, die Fähigkeit zu bewahren, digital selbstbestimmt zu agieren, ohne auf Dritte angewiesen zu sein. Ob Staat, Unternehmen oder Einzelperson ‒ das Thema betrifft alles und jeden: von der Kontrolle über unsere Daten und Technologien bis hin zu unserer Fähigkeit, eigenständig im digitalen Raum zu agieren. Es ist der Schlüssel zu einer sicheren und selbstbestimmten Zukunft in der digitalen Ära.
Die Bedeutung der digitalen Souveränität wächst auch im geopolitischen und wirtschaftlichen Kontext der EU. Um wirtschaftliche Stabilität und die Handlungsfähigkeit Europas zu sichern, wurden Richtlinien wie die DSGVO, NIS-1 und die NIS-2 entwickelt, die seit Oktober 2024 gilt. Seit dem 18. Oktober 2024 ist zudem die „CER-Richtlinie“ in Kraft, die die Resilienz kritischer Infrastrukturen (KRITIS) in der gesamten EU stärkt. Die Umsetzung dieser Richtlinien in nationales Recht unterstreicht, dass digitale Souveränität längst zu einem zentralen Faktor für die Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit Europas geworden ist.
Eine weitere Initiative, GAIA-X, zielt darauf ab, eine europäische Cloud-Infrastruktur aufzubauen, die langfristig mehr Unabhängigkeit und Kontrolle über digitale Daten bieten könnte. Aufgrund der aktuellen Umsetzung und der Kritik an der Effizienz des Projekts bleibt der tatsächliche Nutzen für viele Unternehmen jedoch noch abzuwarten. Auch geopolitische und internationale Ereignisse wie der Brexit (2020) und die Corona-Pandemie (2020-2023) haben vielen Unternehmen in Europa klar gemacht, dass nur ihre digitale Unabhängigkeit von nicht-europäischen Anbietern ihre wirtschaftliche Resilienz aufrechterhält und im Idealfall stärkt. Gleichzeitig wurde deutlich, welchen hohen Stellenwert digitale Souveränität gegenüber territorialer Souveränität einnimmt, denn das Digitale ist heute kein Zusatz mehr zur realen Welt, vielmehr bildet es einen kritischen Grundpfeiler.
Was bedeutet digitale Souveränität für KMU?
Die Sicherstellung der digitalen Souveränität stellt für KMU eine essenzielle Herausforderung dar, denn sie verfügen oft nicht über die internen Ressourcen und das notwendige Know-how, sämtliche Gefahren, etwa durch Cyberattacken, den Verlust von Datenhoheit, Abhängigkeiten sowie zusätzliche Kostenrisiken, zu erkennen und zu umgehen. Im Folgenden stehen zentrale Empfehlungen für KMU, die die digitale Souveränität verbessern und langfristig die Wettbewerbsfähigkeit und Kosteneffizienz steigern:
- Infrastrukturkontrolle und Monitoring: Eine solide Kontrolle über die IT-Infrastruktur ist die Basis für digitale Souveränität. IT-Verantwortliche in KMU oder die zuständigen IT-Partner müssen sicherstellen, dass alle verwendeten Systeme überwacht werden. Proaktives Monitoring kann frühzeitig auf potenzielle Schwachstellen oder Angriffe hinweisen. Automatisierte Tools zur Fehlerbehebung und ständige Sicherheitsprüfungen helfen dabei, die Stabilität der Infrastruktur aufrechtzuerhalten und unerwartete Ausfälle zu verhindern.
- Fehlerbehebung und Sicherheitslücken schliessen: Das Patch-Management ist ein wesentlicher Bestandteil der IT-Sicherheit. Regelmässige Updates und Sicherheits-Patches müssen kontinuierlich eingespielt werden, um bekannte Schwachstellen zu schliessen. Eine automatisierte Patch-Management-Software unterstützt die IT, Updates unter bestimmten Bedingungen automatisch zu installieren. Dies reduziert nicht nur Sicherheitsrisiken, sondern spart auch Zeit und personelle Ressourcen.
- Reduktion der Cloud-Abhängigkeit: Obwohl cloudbasierte Systeme in der Regel flexible und skalierbare Lösungen bieten, ist es wichtig, sich nicht vollständig von einem Anbieter abhängig zu machen. Hybride Cloud-Ansätze ermöglichen es, sowohl lokale Infrastrukturen als auch öffentliche Cloud-Dienste zu nutzen. Kritische Daten können auf lokalen Servern gespeichert werden, während weniger sensible Prozesse in die Cloud ausgelagert werden. Diese Risikodiversifizierung bietet nicht nur mehr Sicherheit, sondern auch Flexibilität und Kostenkontrolle. Plattformen wie die Seabix IO bieten hier eine hervorragende Lösung, indem sie eine vollautomatisierte Verwaltung hybrider Infrastrukturen ermöglichen und so zur Optimierung von IT-Management und -Sicherheit beitragen.
- Optimierung der Sicherheitsrichtlinien und Compliance: KMU sollten sicherstellen, dass die eingesetzten Technologien stets den höchsten Sicherheitsstandards entsprechen. Die Einhaltung von Normen wie ISO 27001 oder anderen relevanten Compliance-Vorgaben (wie die DSGVO) stellt sicher, dass sowohl interne als auch externe Datensicherheitsanforderungen erfüllt sind. Zusätzlich kann die Dokumentation aller Sicherheitsmassnahmen die Auditfähigkeit verbessern und das Vertrauen von Kunden und Partnern stärken.
Risikominimierung durch dezentrale Strukturen
Um die Risiken eines Systemausfalls zu minimieren, sollten Rechenzentren und Infrastrukturen nicht von einer einzigen Firma betrieben werden. Dezentrale Strukturen und die Nutzung mehrerer Anbieter tragen dazu bei, sogenannte «Single Points of Failure» (SPOF) zu vermeiden. Das gewährleistet eine hohe Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der IT-Infrastruktur.
Stärkung des Kundenvertrauens durch lokale Partner
Vertrauen ist ein wichtiger Faktor bei der Auswahl von IT-Dienstleistern. Unternehmen, die mit lokal ansässigen und zertifizierten IT-Partnern zusammenarbeiten, stärken das Vertrauen ihrer Kunden und Partner. Dies ist insbesondere im Bereich des Datenschutzes und der Einhaltung nationaler und europäischer Standards wichtig.
Zukunftsaussichten
Die nächsten zehn Jahre werden entscheidend für die digitale Souveränität von KMU. Es wird immer wichtiger, dass Unternehmen ihre digitale Transformation selbstbestimmt gestalten, ohne in Abhängigkeit von grossen Anbietern zu geraten. Dafür ist die Stärkung digitaler Kompetenzen auf allen Ebenen notwendig – von der Weiterbildung der Mitarbeitenden bis hin zu strategischen Entscheidungen im IT-Management. Dazu zählt auch der Aufbau von IT-Sicherheitsstrukturen, um der wachsenden Bedrohung durch Cyberangriffe entgegenzuwirken.
Gleichzeitig müssen Unternehmen lernen, digitale Abhängigkeiten zu hinterfragen und ihre Technologieanbieter kontinuierlich zu prüfen. Angesichts der rasanten Digitalisierung und zunehmenden Abhängigkeit von grossen, internationalen Anbietern, sogenannten Hyperscalern, kann digitale Souveränität über wirtschaftliche Stabilität und individuelle Sicherheit entscheiden. Je mehr wir uns digital vernetzen, desto dringender müssen wir uns mit der Frage auseinandersetzen, wie wir diese Vernetzung sicher, unabhängig und zukunftsorientiert gestalten.
Wer sich der Bedeutung dieses Themas bewusst wird, erkennt schnell: Digitale Souveränität ist nicht nur ein technisches Detail – sie betrifft jeden Aspekt unseres Lebens und ist die Grundlage unserer digitalen Zukunft. Diese Zukunft sicher und selbstbestimmt zu gestalten, ist nicht nur notwendig, sondern unverzichtbar für eine moderne Gesellschaft.
Über den Autor
Thierry Kramis ist Gründer und CEO der Seabix AG. Er verfügt über umfassende Erfahrungen in der Produkte- und Strategiedefinition im Bereich von IT und Telekommunikation. Auf dieser Basis entwickelt der diplomierte Wirtschaftsinformatiker (Universität Zürich, Schweiz) mit der Seabix AG ein Ökosystem aus universell zugänglichen und flexiblen digitalen Geschäftslösungen speziell für den Mittelstand. Der Fokus liegt dabei auf effizienter, tief in die Geschäftsprozesse integrierter Bereitstellung von ICT.
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