Freitag, 20. September 2024
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2020 hatten sieben Prozent der Erwerbstätigen innert eines Jahres mindestens einen Arbeitsunfall. Dieser Anteil war wie bereits 2013 bei den jungen Erwerbstätigen zwischen 15 und 24 Jahren am höchsten. Zwölf Prozent der Personen, die in ihrem Leben eine Erwerbstätigkeit ausgeübt haben, litten gemäss eigenen Angaben an Gesundheitsproblemen, die durch die Arbeit verursacht oder verschlimmert wurden. Die häufigsten Probleme sind muskuloskelettale Schmerzen (58%), gefolgt von Stress, Depressionen oder Angstzuständen (25%).

Dies sind einige Ergebnisse des Moduls «Arbeitsunfälle und andere arbeitsbedingte Gesundheitsprobleme» der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) 2020, die in einer neuen, auf dem Statistikportal der Schweiz veröffentlichten Analyse präsentiert werden.

Arbeitsunfälle

2020 erlitten sieben Prozent der Personen unter 75 Jahren, die zum Zeitpunkt der Erhebung oder in den zwölf Monaten davor erwerbstätig waren, nach eigenen Angaben innerhalb des letzten Jahres mindestens einen Arbeitsunfall. Dieser Anteil hat sich gegenüber 2013 nicht signifikant verändert (G1).

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Etwas mehr als ein Viertel (28%) der bei der Arbeit verunfallten Personen hatten in diesem Zeitraum mindestens zwei Unfälle. Dieser Anteil ist verglichen mit 2013 (18%) angestiegen. Die Hälfte der Verunfallten war mindestens einen Tag arbeitsunfähig: 28% weniger als zwei Wochen und 22% länger. Nach Geschlecht und Alter lässt sich kein signifikanter Unterschied beobachten. Diese Anteile haben sich gegenüber 2013 nicht verändert.

Männer erleiden häufiger Arbeitsunfälle als Frauen (9% gegenüber 5%) und 15- bis 24-Jährige werden doppelt so häufig Opfer eines Unfalls wie ältere Personen (13% gegenüber 6% bis 7% in den älteren Altersklassen), wobei sich das erhöhte Unfallrisiko in dieser Altersklasse nur bei jungen Männern beobachten lässt (vgl. «Junge Erwerbstätige und Arbeitsunfälle»). Diese Unterschiede bestanden bereits 2013 (G1). Zwischen den Personen ohne Migrationshintergrund und den Migrantinnen und Migranten der ersten oder zweiten Generation lässt sich beim Anteil der Verunfallten kein signifikanter Unterschied erkennen.

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Wirtschaftsabschnitte und Berufe

Am höchsten ist das Unfallrisiko in der Land- und Forstwirtschaft sowie im Baugewerbe: 18% bzw. 16% der in diesen Wirtschaftsabschnitten tätigen Personen erlitten mindestens einen Unfall (G2). Demgegenüber liegt das Unfallrisiko in mehreren Wirtschaftsabschnitten unter 4%; das tiefste Unfallrisiko weist das Finanz- und Versicherungswesenmit weniger als 2% auf.

Der Anteil der verunfallten Personen unterscheidet sich auch nach Berufshauptgruppe der Schweizer Berufsnomenklatur (CH-ISCO-19). Fachkräfte der Land- und Forstwirtschaft (20%), Personen, die einen Handwerksberuf oder einen verwandten Beruf ausüben (13%), sowie Bedienerinnen und Bediener von Anlagen und Maschinen (12%) verunfallen am häufigsten. Am seltensten sind Unfälle bei Personen, die in einem intellektuellen oder wissenschaftlichen Beruf tätig sind (3%), sowie bei Bürokräften (3%).

Junge Erwerbstätige und Arbeitsunfälle

Bei den 15- bis 24-jährigen Erwerbstätigen, insbesondere bei den Lernenden, ist das Unfallrisiko etwa doppelt so hoch wie in den älteren Altersklassen. Obwohl diese Altersklasse nur 12% der erwerbstätigen Personen ausmacht, entfallen 23% der Arbeitsunfälle auf sie. 2013 liess sich bereits ein ähnlicher Unterschied beobachten.

Die jungen Verunfallten geben überdurchschnittlich häufig an, mindestens zwei Unfälle erlitten zu haben (34%). Nach dem letzten Unfall war etwas mehr als die Hälfte (54%) mindestens einen Tag arbeitsunfähig, was in etwa dem Durchschnitt entspricht. Es gibt also keine Hinweise dafür, dass die von jungen Erwerbstätigen gemeldeten Unfälle systematisch weniger schwer wären als jene der älteren.

Wer sind diese jungen Verunfallten? 75% sind Männer (G3), was deutlich über dem Anteil der erwerbstätigen Männer dieser Altersklasse (51%) liegt und darauf zurückzuführen ist, dass junge Männer ein nahezu dreimal höheres Unfallrisiko aufweisen als gleichaltrige Frauen (19% gegenüber 7%). Verglichen mit den älteren Erwerbstätigen lässt sich nur bei jungen Männern ein erhöhtes Unfallrisiko feststellen (bei Männern ab 25 Jahren im Durchschnitt 7%). Bei Frauen gibt es keinen signifikanten Unterschied zwischen den 15- bis 24-jährigen (7%) und den älteren Erwerbstätigen (5% im Durchschnitt).

61% der verunfallten jungen Männer sind in zwei Wirtschaftsabschnitten tätig: im Baugewerbe (29%) sowie im Handel, Reparatur von Kraftfahrzeugen (32%; G3). Grund dafür ist zum einen der hohe Anteil junger Männer, die in diesen beiden Wirtschaftsabschnitten beschäftigt sind (35% gegenüber 21% bei den Männern ab 25 Jahren).

Dieser hohe Anteil lässt sich unter anderem dadurch erklären, dass ein Teil der Studierenden auf Tertiärstufe erst nach Vollendung ihres 25. Altersjahrs in den Arbeitsmarkt eintritt, wodurch jene Branchen automatisch an Gewicht gewinnen, die weniger häufig Personen mit diesem Ausbildungsniveau einstellen. Zum anderen ist das Unfallrisiko der jungen Männer in diesen beiden Wirtschaftsabschnitten hoch. 33% der im Baugewerbe tätigen 15- bis 24-jährigen Männer geben an, einen Unfall erlitten zu haben, gegenüber 14% der älteren Männer.

Noch grösser fällt dieser Unterschied im Handel, Reparatur von Kraftfahrzeugen aus (31% gegenüber 7%). In diesen beiden Wirtschaftszweigen sind junge erwerbstätige Männer besonders stark Arbeitssituationen ausgesetzt, die eine Gefahr für die körperliche Gesundheit darstellen können.

Durch die Arbeit verursachte oder verschlimmerte Gesundheitsprobleme

2020 litten 12% der 15- bis 74-Jährigen, die in ihrem Leben eine Erwerbstätigkeit ausgeübt haben, nach eigenen Angaben innerhalb der letzten zwölf Monate an mindestens einem Gesundheitsproblem (ohne Zusammenhang mit einem Unfall), das durch die jetzige oder frühere Erwerbstätigkeit verursacht oder verschlimmert wurde. Zwischen 2013 und 2020 lässt sich keine signifikante Veränderung erkennen.

Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer (13% gegenüber 11%), wobei der Unterschied statistisch nicht signifikant ist (G4). Am höchsten ist der Anteil der Personen, die an solchen Gesundheitsproblemen leiden, bei den 45- bis 64-Jährigen. Migrantinnen und Migranten der ersten Generation geben häufiger Gesundheitsprobleme an als Personen ohne Migrationshintergrund (13% gegenüber 11%). 2013 war dieser Unterschied zwar bereits vorhanden, aber statistisch nicht signifikant.

Von den Personen, die unter arbeitsbedingten Gesundheitsproblemen leiden, nennen 31% mindestens zwei. Der Unterschied zwischen den Geschlechtern ist nicht signifikant. Mit zunehmendem Alter steigt der Anteil von 22% bei den 15- bis 24-Jährigen auf 36% bei den 55- bis 64-Jährigen.

Die überwiegende Mehrheit der Personen mit Gesundheitsproblemen, die durch die Arbeit verursacht oder verschlimmert wurden, fühlen sich durch diese Probleme bei Alltagsaktivitäten wenig (52%) oder stark (28%) eingeschränkt, wobei sich zwischen den Geschlechtern kein signifikanter Unterschied erkennen lässt.

Der Anteil der stark eingeschränkten Personen steigt mit zunehmendem Alter an. Während er bei den 15- bis 24-Jährigen bei 13% liegt, beträgt er bei den 45- bis 54-Jährigen 25% und bei den 55- bis 64-Jährigen gar 45%. Bei der Arbeitsunfähigkeit lässt sich nicht der gleiche Altersgradient beobachten wie bei den Einschränkungen der Alltagsaktivitäten. 44% der Personen mit einem arbeitsbedingten Gesundheitsproblem geben an, mindestens einen Tag arbeitsunfähig gewesen zu sein (weniger als zwei Wochen: 18%, zwei Wochen und länger: 26%), wobei sich nach Alter und Geschlecht kein signifikanter Unterschied erkennen lässt.

Wichtigste Ergebnisse

– 7% der Erwerbstätigen erlitten im Verlauf der letzten zwölf Monate mindestens einen Unfall. Bei den 15- bis 24-jährigen Männern ist das Risiko zu verunfallen deutlich höher (19%). Die Landwirtschaft und das Baugewerbe sind die beiden Wirtschaftsabschnitte mit dem höchsten Unfallrisiko (18% bzw. 16%).

– 12% der Personen, die in ihrem Leben eine Erwerbstätigkeit ausgeübt haben, leiden an Gesundheitsproblemen, die durch die Arbeit verursacht oder verschlimmert wurden. Am höchsten ist dieser Anteil bei den 45- bis 64-Jährigen (15%). Die häufigsten Probleme sind Knochen-, Gelenk- oder Muskelbeschwerden (58%), gefolgt von Stress, Depressionen oder Angstzuständen (25%).

– 36% der Erwerbstätigen nennen mindestens drei Arbeitsbedingungen, die ihre körperliche Gesundheit gefährden können. Männer (42%), insbesondere die 15- bis 24-jährigen (60%), sind vermehrt betroffen.

– 24% der Erwerbstätigen nennen mindestens drei Arbeitsbedingungen, die ihr psychisches Wohlbefinden beeinträchtigen können. Frauen (26%) sind stärker betroffen als Männer (22%). Junge Männer im Alter von 15 bis 24 Jahren sind weniger betroffen (11%) als ältere Männer.

Beim Anteil der Personen, die arbeitsbedingte Gesundheitsprobleme angeben, fallen die Unterschiede nach Wirtschaftsabschnitt weniger deutlich aus als bei den Unfällen. Die Land- und Forstwirtschaft ist der einzige Wirtschaftsabschnitt mit einem signifikant überdurchschnittlichen Wert (17%) und die «sonstigen Dienstleistungen» (6%) der einzige Abschnitt mit einem signifikant unterdurchschnittlichen Wert (G5).

Die Unterschiede nach Berufsgruppe halten sich ebenfalls in Grenzen. Personen, die intellektuelle oder wissenschaftliche Berufe sowie technische oder gleichrangige nichttechnische Berufe ausüben, leiden mit je 7% am seltensten an arbeitsbedingten Gesundheitsproblemen, während Fachkräfte in Land- und Forstwirtschaft sowie Hilfsarbeitskräfte am stärksten betroffen sind (14% bzw. 15%).

Arten von Gesundheitsproblemen

In knapp sechs von zehn Fällen (58%) sind Knochen-, Gelenk- oder Muskelbeschwerden in verschiedenen Körperteilen das schwerwiegendste Gesundheitsproblem. 25% geben Stress, Depressionen oder Angstzustände an und der Rest andere Gesundheitsprobleme. Nach Geschlecht besteht kein erwähnenswerter Unterschied. Mit steigender Altersklasse nimmt der Anteil der Personen mit muskuloskelettalen Schmerzen zu, während jener mit Stress, Depressionen oder Angstzuständen abnimmt (G6).

Besonders häufig leiden Personen, die im Baugewerbe (68%) oder in der Land- und Forstwirtschaft (71%) tätig sind, an muskuloskelettalen Schmerzen. Stress, Depressionen und Angstzustände sind hingegen in den Wirtschaftsabschnitten Erziehung und Unterricht (42%) sowie «Finanz- und Versicherungswesen» (45%) häufiger. Erwähnenswert ist, dass im Coronajahr 2020 anteilsmässig nicht mehr arbeitsbedingte Atemwegserkrankungen oder Infektionskrankheiten angegeben wurden als 2013.

Arbeitsbedingte Risiken für die körperliche Gesundheit oder das psychische Wohlbefinden

2020 gaben knapp drei Viertel (74%) der Erwerbstätigen ab 15 Jahren an, bei der Arbeit, die sie zum Zeitpunkt der Erhebung ausübten, mindestens einer Situation oder Tätigkeit (von elf) ausgesetzt zu sein, die die körperliche Gesundheit gefährden kann. Etwas weniger als zwei Drittel (64%) waren nach eigenen Angaben mit mindestens einer Situation (von neun) konfrontiert, die das psychische Wohlbefinden beeinträchtigen kann. Ein Vergleich mit 2013 ist nicht möglich, da 2020 die Zahl der zur Auswahl stehenden Situationen deutlich höher war.

Risiken für die körperliche Gesundheit

Immer gleiche Bewegungen mit den Händen oder Armen (35%) und Tätigkeiten, die eine so starke visuelle Konzentration erfordern, dass sie zu körperlichen Schmerzen führen (33%), sind die beiden am häufigsten genannten Risiken für die körperliche Gesundheit (G7). Männer sind häufiger Risiken für die körperliche Gesundheit ausgesetzt als Frauen: 42% der Männer gegenüber 29% der Frauen geben an, bei ihrer Arbeit mit mindestens drei solcher Risiken konfrontiert zu sein.

In Wirtschaftsabschnitten wie der Land- und Forstwirtschaft oder dem Baugewerbe, in denen diese Art von Risiken sehr häufig vorkommt, sind Männer gegenüber Frauen deutlich übervertreten. Es gibt jedoch Ausnahmen: Bei den immer gleichen Bewegungen mit den Händen und Armen und bei den anstrengenden Arbeitshaltungen lässt sich kein Unterschied zwischen den Geschlechtern erkennen. Besonders hoch ist der Anteil der Frauen, die immer gleiche Bewegungen ausführen, im verarbeitenden Gewerbe (46%). Anstrengende Arbeitshaltungen bei den Frauen sind wiederum im Gesundheits- und Sozialwesen überdurchschnittlich häufig (36%).

15- bis 24-jährige Erwerbstätige sind überdurchschnittlich häufig Risiken für die körperliche Gesundheit ausgesetzt. 48% geben an, mindestens mit drei solcher Risiken konfrontiert zu sein, während sich dieser Wert bei den 25- bis 64-Jährigen zwischen 34% und 37% bewegt. In der jüngsten Altersklasse sind Männer deutlich häufiger betroffen als Frauen (60% gegenüber 36%).

Die Exposition gegenüber Risiken für die körperliche Gesundheit variiert je nach Wirtschaftsabschnitt stark. In der Land- und Forstwirtschaft (76%) sowie im Baugewerbe (69%) sind die Anteile der Personen, die gleichzeitig mindestens drei Risiken für die körperliche Gesundheit ausgesetzt sind, am höchsten. Danach folgen die Abschnitte Verkehr und Lagerei (49%), Gastgewerbe (45%) sowie Gesundheits- und Sozialwesen (42%). Umgekehrt weisen die Wirtschaftsabschnitte Finanz- und Versicherungswesen (11%) sowie Erziehung und Unterricht (15%) die kleinsten Anteile auf, gefolgt von den sonstigen Dienstleistungen (27%) und der öffentlichen Verwaltung (28%).

Die starke visuelle Konzentration bildet eine Ausnahme bei den Risiken für die körperliche Gesundheit. Der Anteil der Personen, die diese Situation erwähnen, ist im Finanz- und Versicherungswesen (48%), in der öffentlichen Verwaltung (41%) und im Wirtschaftsabschnitt Verkehr und Lagerei (43%) am höchsten.

Auch nach Berufsgruppe sind beim Anteil der Personen, die mindestens drei Risiken für die körperliche Gesundheit ausgesetzt sind, grosse Unterschiede zu erkennen. Dieser Anteil bewegt sich zwischen 80% bei den Fachkräften in Land- und Forstwirtschaft und 20% bei den intellektuellen und wissenschaftlichen Berufen (G8).

Risiken für das psychische Wohlbefinden

Starker Zeitdruck oder Arbeitsüberlastung (38%) und Umgang mit schwierigen Kundinnen und Kunden, Patientinnen und Patienten, Schülerinnen und Schülern (35%) sind die beiden am häufigsten genannten Risiken, die das psychische Wohlbefinden beeinträchtigen können (G9). Frauen geben häufiger mindestens drei Risiken für ihr psychisches Wohlbefinden an als Männer (26% gegenüber 22%), wobei je nach Art des Risikos Unterschiede auftreten. Frauen sind fast doppelt so häufig (20% gegenüber 12% bei Männern) einer starken emotionalen Belastung (Konfrontation mit Verletzten, Todesfällen) oder einer Belastung durch Mitleid (Konfrontation mit Elend, sozialen Problemen) ausgesetzt, was auf den hohen Anteil an Frauen im Gesundheits- und Sozialwesen sowie im Erziehungs- und Unterrichtswesen zurückzuführen ist.

In diesen beiden Wirtschaftsabschnitten wird diese Situation von Frauen besonders häufig genannt (39% bzw. 31% der Frauen). Frauen müssen auch häufiger mit schwierigen Personen umgehen und sind häufiger von Schikanierung und Gewalt betroffen als Männer. Hingegen führen Männer häufiger starken Zeitdruck oder Arbeitsüberlastung an (41% gegenüber 35% bei den Frauen).

15- bis 24-Jährige sind seltener mit gehäuft auftretenden Risiken für ihr psychisches Wohlbefinden konfrontiert als die anderen Altersklassen (19% gegenüber 23% bis 26% bei den 25- bis 64-Jährigen). Die 45- bis 54- Jährigen geben überdurchschnittlich häufig an, einem starken Zeitdruck ausgesetzt zu sein (43% gegenüber 38% im Durchschnitt) und Angst zu haben, den Job zu verlieren (18% gegenüber 14%), während die 25- bis 34-Jährigen überdurchschnittlich häufig unter einer schlechten Kommunikation oder Zusammenarbeit leiden (28% gegenüber 23%).

Migrantinnen und Migranten der zweiten Generation sind nach eigenen Angaben häufiger gleichzeitig mindestens drei psychosozialen Risiken ausgesetzt als jene der ersten Generation und Personen ohne Migrationshintergrund (28% gegenüber je 23%).

Am höchsten ist der Anteil der Personen, die mit mindestens drei Risiken für ihr psychisches Wohlbefinden konfrontiert sind, in den drei tertiären Wirtschaftsabschnitten Gesundheits- und Sozialwesen (41%), Erziehung und Unterricht (35%) sowie öffentliche Verwaltung (33%). Am tiefsten ist er im verarbeitenden Gewerbe (14%), Baugewerbe (14%), Handel, Reparatur von Kraftfahrzeugen (19%) sowie bei den sonstigen Dienstleistungen (20%). Die intellektuellen und wissenschaftlichen Berufe sind am stärksten betroffen (32%), während die Handwerksberufe und die verwandten Berufe sowie die technischen und gleichrangigen nichttechnischen Berufe diesen Risiken am wenigsten ausgesetzt sind (15% bzw. 14%).

Gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungenund Gesundheitsprobleme

Personen, die bei der Arbeit Risiken für ihre körperliche Gesundheit oder ihr psychisches Wohlbefinden ausgesetzt sind, leiden nach eigenen Angaben auch häufiger an Gesundheitsproblemen, die durch die Arbeit verursacht oder verschlimmert wurden. 14% der Personen mit mindestens drei Risiken für ihre körperliche Gesundheit und 18% der Personen mit mindestens drei Risiken für ihr psychisches Wohlbefinden nennen arbeitsbedingte Gesundheitsprobleme. Bei den Personen, die kein Risiko angeben, sind es weniger als 3%. Frauen, die gleichzeitig mehreren Risiken für die körperliche Gesundheit ausgesetzt sind, und mehr noch diejenigen, die gleichzeitig mit mehreren Risiken für das psychische Wohlbefinden konfrontiert sind, erwähnen besonders häufig Gesundheitsprobleme, die durch die Arbeit verursacht oder verschlimmert wurden (18% bzw. 22%, G10).

Werden die verschiedenen Risiken für die körperliche Gesundheit oder für das psychische Wohlbefinden separat betrachtet, so ist bei einigen davon die Wahrscheinlichkeit grösser, dass arbeitsbedingte Gesundheitsprobleme auftreten. Dieser Zusammenhang bleibt auch signifikant, wenn alle Arbeitsbedingungen und soziodemografischen Merkmale gleichzeitig berücksichtigt werden. So leiden 19% der Personen, die anstrengende oder schmerzhafte Arbeitshaltungen einnehmen müssen, und 13% der Personen, die immer gleiche Bewegungen mit den Händen und Armen machen, nach eigenen Angaben an Gesundheitsproblemen, die durch die Arbeit verursacht oder verschlimmert wurden.

Das Gleiche trifft auf 25% der Personen zu, die mit Mobbing konfrontiert sind, auf 23% der Personen, die unter einem Mangel an Autonomie leiden, auf 17% derjenigen, die einer starken emotionalen Belastung ausgesetzt sind, auf 16% derjenigen, die eine schlechte Kommunikation oder Zusammenarbeit mit Mitarbeitenden oder Vorgesetzten nennen, und schliesslich auf 14% derjenigen, die unter starkem Zeitdruck oder Arbeitsüberlastung leiden. Diese Situationen scheinen folglich eine erhebliche potenzielle Gefahr für die Gesundheit der erwerbstätigen Personen darzustellen.

Gesundheits- und Sozialwesen: ein exponierter Wirtschaftsabschnitt

Der Wirtschaftsabschnitt Gesundheits- und Sozialwesen ist der einzige Abschnitt, in dem ein überdurchschnittlich hoher Anteil an Personen mindestens drei Risiken für die körperliche Gesundheit und auch mindestens drei Risiken für das psychische Wohlbefinden ausgesetzt ist. Einzeln betrachtet lässt sich diese überdurchschnittliche Exposition bei acht verschiedenen Risiken beobachten (G11). Am ausgeprägtesten ist sie bei den Risiken für das psychische Wohlbefinden.

2020 arbeiteten 15% aller Erwerbstätigen (7% der Männer und 24% der Frauen) im Gesundheits- und Sozialwesen, das Tätigkeiten im Gesundheitswesen, in den Heimen und im Sozialwesen ohne Heime (darunter Kinderkrippen und Kindertagesstätten) umfasst. Die Beschäftigung steigt seit Jahren kontinuierlich an. Es ist nicht auszuschliessen, dass die in diesem Wirtschaftsabschnitt tätigen Personen eher dazu neigen, Gesundheitsrisiken anzugeben, weil sie für diese Problematik stärker sensibilisiert sind. Dennoch ist das Niveau der angegebenen Exposition augenfällig hoch.

Schichtarbeit: gesundheitsgefährdende Arbeitszeiten

Erwerbstätige ab 15 Jahren, die Schicht arbeiten, sind systematisch häufiger von Unfällen und anderen arbeitsbedingten Gesundheitsproblemen betroffen als Personen, die nicht Schicht arbeiten. So erlitten 10% der Ersteren innerhalb eines Jahres einen Unfall gegenüber 5% der Personen, die nicht Schicht arbeiten. 11% haben Gesundheitsprobleme, die durch die Arbeit verursacht oder verschlimmert wurden (gegenüber 7%), 58% sind mindestens drei Risiken für die körperliche Gesundheit (gegenüber 29%) und 42% mindestens drei Risiken für das psychische Wohlbefinden (gegenüber 22%) ausgesetzt. Knapp 17% der Erwerbstätigen geben an, Schicht zu arbeiten. Keine andere Form von Arbeitszeit (Wochenend-, Abend- oder Nachtarbeit, Arbeit auf Abruf) geht mit einem derart erhöhten Risiko für Unfälle oder arbeitsbedingte Gesundheitsprobleme einher.

Daten und Analysen

Die Daten für das Modul «Arbeitsunfälle und andere arbeitsbedingte Gesundheitsprobleme» wurde bei einem Teil der 2020 im Rahmen der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) befragten Personen erhoben. Teilgenommen haben 10 432 Personen, die erwerbstätig sind oder in ihrem Leben mindestens eine Erwerbstätigkeit ausgeübt haben. Das Modul dient nicht dazu, allfällige Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die verschiedenen Aspekte der Erwerbstätigkeit zu analysieren.

Je nach Kapitel variieren die Auswahlkriterien der befragten Personen für die Analyse. Zudem wurden bei einigen Analysevariablen wie dem Wirtschaftsabschnitt oder dem Beruf nicht die gleiche Anzahl Beobachtungen berücksichtigt. Dies erklärt auch, warum sich bestimmte Anteile wie die Verunfalltenquote je nach Analysevariable unterscheiden.

Arbeitsunfälle: Die befragten Personen müssen jünger als 75 Jahre und zum Zeitpunkt der Erhebung erwerbstätig sein oder in den zwölf Monaten davor eine Erwerbsstätigkeit ausgeübt haben. 8264 Personen erfüllen diese Kriterien.

Berücksichtigt wurden Unfälle, die sich in den zwölf Monaten vor der Erhebung während der Arbeit ereignet (ohne Unfälle auf dem Arbeitsweg) und zu einer Verletzung geführt haben. Gibt eine befragte Person mehrere Unfälle an, so bezieht sich die Dauer der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit auf den letzten Unfall.

Die Unfälle können bei der zum Zeitpunkt der Erhebung ausgeübten Haupt- oder Zweitbeschäftigung oder, bei den zum Zeitpunkt der Erhebung nicht erwerbstätigen Personen, während der letzten Beschäftigung, der Beschäftigung vor einem Jahr oder einer «anderen Beschäftigung» stattgefunden haben. Bei der Analyse der Unfälle nach Wirtschaftsabschnitt können Personen, die im Rahmen einer «anderen Beschäftigung» verunfallt sind, nicht berücksichtigt werden, da keine Angaben zum entsprechenden Wirtschaftsabschnitt vorliegen (5% der Unfälle).

Bei der Analyse nach Berufshauptgruppe wurden die Personen, die während ihrer Zweitbeschäftigung, der Beschäftigung vor einem Jahr oder bei einer «anderen Beschäftigung» verunfallt sind, aus den gleichen Gründen nicht berücksichtigt (11% der Unfälle). Bei der Analyse der Unfälle nach Arbeitszeit (Schichtarbeit, Abend-, Nacht- oder Wochenendarbeit, Arbeit auf Abruf) wurden nur die Unfälle berücksichtigt, die sich während der Hauptbeschäftigung ereignet haben (15% nicht berücksichtigte Unfälle).

Durch die Arbeit verursachte oder verschlimmerte Gesundheitsprobleme: Die befragten Personen müssen weniger als 75 Jahre alt sein (10 380 Personen).

Sie werden zu den in den letzten zwölf Monaten vorhandenen Gesundheitsproblemen befragt, die nicht auf einen Unfall zurückzuführen sind und durch die jetzige oder frühere Erwerbstätigkeit verursacht oder verschlimmert wurden. Gibt die befragte Person mehrere Gesundheitsprobleme an, beziehen sich die Angaben zur Art des Gesundheitsproblems sowie zu den Einschränkungen und zur Arbeitsunfähigkeit auf das Gesundheitsproblem, das ihr am meisten Mühe machte.

Wie bei den Unfällen werden die Personen gefragt, bei welcher Erwerbstätigkeit das Gesundheitsproblem aufgetreten ist oder sich verschlimmert hat. Dies hat zur Folge, dass ein Teil der Gesundheitsprobleme nicht berücksichtigt wird, wenn die Analyse nach Wirtschaftsabschnitt (21% nicht berücksichtige Gesundheitsprobleme), Berufshauptgruppe (24%) oder Arbeitszeit (50%) durchgeführt wird.

Risiken für die körperliche Gesundheit oder das psychische Wohlbefinden: Die Personen, ungeachtet des Alters, müssen zum Zeitpunkt der Erhebung erwerbstätig sein (7832 Personen). Sie werden zu Situationen oder Tätigkeiten befragt, die ihre körperliche Gesundheit oder ihr psychisches Wohlbefinden gefährden können.

Es gibt keine Beschränkung für die Analysen nach Wirtschaftsabschnitt, Beruf oder Arbeitszeitmerkmalen. Bei der Analyse des Zusammenhangs zwischen den gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen und den Gesundheitsproblemen werden nur die Gesundheitsprobleme berücksichtigt, die bei den Personen unter 75 Jahren aufgetreten und auf deren jetzige Hauptbeschäftigung zurückzuführen sind (25% der Gesundheitsprobleme wurden ausgeschlossen).

Vergleiche mit 2013: Das europäische Modul «Arbeitsunfälle und andere arbeitsbedingte Gesundheitsprobleme» wurde in der Schweiz erstmals 2013 durchgeführt. Die Ergebnisse wurden analysiert und 2015 veröffentlicht. 2017 wurde die Gewichtung der SAKE-Erhebungen für die Jahre ab 2010 vollständig überarbeitet. Für dieses Dokument wurden daher die Werte für 2013 mit den neuen Gewichtungen und den gleichen Altersgrenzen wie 2020 neu berechnet. Dies kann zu kleinen Unterschieden gegenüber den 2015 veröffentlichten Ergebnissen führen. Die nächste Erhebung dieses europäischen Moduls ist 2028 vorgesehen.

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