Freitag, 20. September 2024
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Arzneimittel sind ein wichtiger Bestandteil der modernen medizinischen Versorgung und haben dazu beigetragen, zahlreiche Krankheiten zu bekämpfen und die Lebensqualität der Menschen zu verbessern. Leider gelangen Rückstände von Arzneimitteln auf verschiedenen Wegen in die Umwelt und belasten somit die Gewässer.

Autor: Önder Aktas

Medikamentenrückstände gelangen auf verschiedenen Wegen in die Umwelt. Die von den Patienten eingenommenen Medikamente werden im menschlichen Körper nicht vollständig abgebaut und werden auf natürliche Weise ausgeschieden. Auch auf die Haut aufgetragene Salben werden während des Duschens ins Abwasser eingeleitet, gelangen in die kommunalen Kläranlagen und können dort nicht vollständig entfernt werden. Ein Teil der Rückstände gelangt somit in Gewässer, wo sie langfristige Auswirkungen auf das Ökosystem haben.

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Arzneimittel: Gefahr für unser Ökosystem?

Die Präsenz von Medikamentenrückständen in der Umwelt kann ökologische Folgen haben. Zum Beispiel können sie das Verhalten und die Fortpflanzung von Fischen und anderen Lebewesen im Wasser beeinträchtigen. Einige Studien deuten darauf hin, dass bestimmte Medikamentenrückstände hormonelle Veränderungen bei  Wasserorganismen verursachen können. In Gewässern, wo Rückstände von hormonaktiven Substanzen wie der Antibaby-Pille wiederzufinden sind, können sich Frosch-Männchen in Frosch-Weibchen entwickeln.

Viele Medikamentenrückstände sind also so robust, dass sie nach Verlassen des menschlichen Körpers immer noch (auch in Gewässern) nachgewiesen werden können. Dies könnte die Artenvielfalt (auch Biodiversität genannt) und die Stabilität von Ökosystemen beeinträchtigen. Auch Rückstände von Antibiotika, Rückstände von verschiedenen Schmerzmitteln und von iodierten Röntgenkontrastmitteln gehören zu den meist nachgewiesenen Wirkstoffen im Grundwasser.

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Bildquelle: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz – Deutschland

Wie verbreiten sich die Medikamentenreste in der Umwelt und wie können sie sicher entsorgt werden?

Medikamentenrückstände gelangen auf vielfältige Weise in die Umwelt. Ein weiterer Faktor ist das unsachgemässe Entsorgen von nicht verbrauchten Medikamenten durch die Bevölkerung. Dies kann zu einer direkten Freisetzung von Wirkstoffen im Abwasser führen. Oft werden abgelaufene Medikamente über die Toilettenspülung oder den Ausguss entsorgt, anstatt sie in den Restmüll zu geben, wo sie beim Entsorger verbrannt werden. Für die Entsorgung flüssiger Arzneimittel kann beispielsweise ein Küchentuch helfen. Das Küchentuch kann mit der zu entsorgenden Flüssigkeit getränkt und dem Restmüll zugeführt werden.

Ein weiterer Punkt ist das Produktionsabwasser aus der pharmazeutischen Industrie. In der pharmazeutischen Industrie laufen mehrere Herstellungslinien für verschiedene Produkte parallel. Die Abwasserströme sind somit komplexer und stark belastet. Aufgrund der vielen Wirkstoffe sind sie aber gesetzlich verpflichtet, strenge Vorschriften und Grenzwerte einzuhalten. Gegenüber den kommunalen Kläranlagen, die leider nicht dafür ausgelegt sind, Wirkstoffe und Keime aus dem Abwasser zu entfernen, besitzt die pharmazeutische Industrie Prozesstechnologien, die eine Abwasservorbehandlung in mehreren Stufen vollziehen kann, bevor das Abwasser an die kommunalen Kläranlagen weitergeleitet wird.

Auch NAQUA (Nationale Grundwasserbeobachtung) deutet in seinem Bericht aus 2019 darauf hin, dass Arzneimittelrückstände im Grundwasser deutlich seltener und in eher tiefen Konzentrationen nachgewiesen werden.

Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) hat im Jahr 2020 die Gewässerschutzverordnung revidiert und hat erstmals für drei Arzneimittel Grenzwerte festgelegt.

Fazit

Durch gezielte Massnahmen ist es möglich, die Umweltbelastung durch Medikamentenreste zu verringern. Die Entwicklung umweltfreundlicher Arzneimittel und die Verbesserung der kommunalen Kläranlagen können sehr viel dazu beitragen, Medikamentenrückstände aus der Umwelt zu verbannen.

Eine verstärkte Sensibilisierung für den richtigen Umgang (bewusster Gebrauch und bewusste Entsorgung von Altmedikamenten) können ebenfalls dazu beitragen, das Problem anzugehen.

Leider sind die Medikamentenrückstände nicht die einzigen Faktoren, die unser Grundwasser belasten. Nitrat (Mineraldünger), Rückstände von Pflanzenschutzmitteln sowie künstliche, langlebige Substanzen aus Industrie, Gewerbe und Haushalten beeinträchtigen die Grundwasserqualität ebenfalls enorm.

Bildquelle: Bundesamt für Umwelt – BAFU

Quellen:

Arzneimittel im Grundwasser (admin.ch)

Zustand Grundwasser (admin.ch)

Grundwasserschutz (admin.ch)

Wie süss ist unser Grundwasser? (admin.ch)

Nationale Beobachtung Oberflächenwasserqualität (NAWA)

BMUV: Welche Auswirkungen haben Medikamente auf die Umwelt? (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz – Deutschland)

Weiterführende Informationen:

Zustand und Entwicklung Grundwasser Schweiz (Bundesamt für Umwelt – BAFU)

Arzneimittelrückstände in der Umwelt (Umweltbundesamt Deutschland)

Tipps zur richtigen Entsorgung von Medikamenten (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz – Deutschland)

 

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Geschäftsführer Work-Safe Schweiz (http://work-safe.ch/), Sicherheitsingenieur EigV, Regalprüfer, mehrjährige Erfahrung im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz.

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