Donnerstag, 19. September 2024
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Die unter der Akkreditierung stehenden Swiss Safety Center AG Zertifizierungs- und Überwachungsaudits nach den Norm ISO 9001:2015 haben seit Anfang 2022 gezeigt, dass die Anforderungen der neuen BauAV in den laufenden und neuen Bauprojekten vielerorts noch nicht gänzlich umgesetzt werden.

Autor: Erkan Erdal

Der Bundesrat hat die neue Fassung der Bauarbeitenverordnung (BauAV) am 18. Juni 2021 verabschiedet. Sie ist am 1. Januar 2022 in Kraft getreten. Die Überarbeitung der BauAV ist ein Gemeinschaftswerk der Sozialpartner aus der Baubranche, des Bundes, der Kantone und der Suva. Sie hat Auswirkungen auf das gesamte Bauwesen in der Schweiz. Insgesamt sind über 70’000 Betriebe direkt betroffen.

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BauAV: Wie sieht die Realität aus?

Die Realität zeigt, dass die Anforderungen der neuen BauAV vielerorts noch nicht gänzlich umgesetzt werden. Folgende fünf Hauptgründe hierfür konnten in den Zertifizierungs- und Überwachungsaudits nach ISO 9001:2015 festgestellt werden:

  • In den laufenden Projekten (gestartet vor dem 01.01.2022) wurden die Sicherheits- und Gesundheitsschutzkonzepte nicht an die neuen Anforderungen der BauAV angepasst, obwohl das Projekt im Jahr 2022 und weiter fortdauern wird.
  • Im Gegensatz zu den Anforderungen der neuen BauAV, Art. 4, werden durch den Auftraggeber (Bauherr) bzw. durch seinen Vertreter (Ingenieurbüro / Bauleitung) kein Sicherheits- und Gesundheitsschutzkonzept erstellt und sie werden auch nicht bei den Bauunternehmungen explizit verlangt.
  • Bei sehr kleinen Bauunternehmungen werden die neuen Anforderungen der BauAV zum Teil vernachlässigt. Zudem wird weder durch den Bauherrn bzw. die Bauleitung Druck ausgeübt.
  • Es fehlen in den Baufirmen kompetente Ressourcen, um das Sicherheits- und Gesundheitsschutzkonzept (inkl. Gefährdungsanalyse) erstellen zu können. Die Verantwortungen des Arbeitgebers sind nicht gänzlich bekannt. Oft wird der Begriff Arbeitgeber nicht richtig interpretiert. Als Arbeitgeber gilt gemäss der Erläuterung der Suva, wer Arbeitnehmende in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt und ihnen dafür ein Entgelt schuldet. Arbeitgeber tragen gemäss Unfallversicherungsgesetz Art. 82 die Verantwortung für die Sicherheit der Arbeitnehmenden in ihrem Betrieb. Somit sind alle Unternehmerinnen und Unternehmer, die Arbeitnehmende auf der Baustelle beschäftigen, für ihre eigenen Mitarbeitenden verantwortlich.
  • Die erarbeitete Vorlage der Suva erscheint vielen am Bau Beteiligten sehr komplex und umständlich.

Die ISO 45001 – Arbeitsschutzmanagement als Lösungsansatz?

Arbeitsschutz (Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz) ist nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern sollte für verantwortungsvolle Unternehmen ein zwingender Teil der Risikomanagementstrategie sein.

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Ein Arbeitsschutzmanagementsystem dient dazu, Arbeitsunfälle sowie arbeitsbedingte Verletzungen und Erkrankungen zu vermeiden, Risiken zu reduzieren und die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen.

Durch Betrachtung von Chancen und Risiken in allen Prozessen, kann die Organisation risikobasiert handeln und sich bei der Umsetzung auf das Wesentliche konzentrieren. Die Norm ISO 45001:2018 geht somit über ein einfaches Sicherheitskonzept hinaus und hilft der Organisation, Hindernisse für die Umsetzung rechtzeitig zu erkennen, systematisch zu bewerten und nachhaltig zu überwinden.

Die Norm ISO 45001 kann grundsätzlich von jeder Organisation, unabhängig von Branche und Grösse, angewendet und auch zusammen mit anderen Normen (z. B. ISO 9001- Qualität, ISO 14001 – Umwelt) zertifiziert werden. Unsere Auditoren sind ausgewiesene Fachexperten und verstehen die Branche der Kunden.

Mit einer Zertifizierung nach ISO 45001:2018 werden die Aspekte der Risiken und Chancen detailliert abgefragt. Dies gibt den zertifizierten Unternehmungen die Sicherheit die Anforderungen der internationalen Norm und gleichzeitig die von der Bundesverordnung BauAV geforderten Sicherheitsbestimmungen in einem effizienten Sicherheitsmanagementsystem zu beherrschen.

Die Umsetzung der BauAV wird in der ISO 45001:2018 im dem Kapitel 8.1.4.1 Auftragnehmer explizit verlangt: Die Organisation muss demnach ihren Beschaffungsprozess mit ihren Auftragnehmern koordinieren, um Gefährdungen zu ermitteln und die Risiken betreffend Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz (SGA) zu bewerten und zu kontrollieren.

Im Bauwesen hiesse dies, dass der Bauherr bzw. durch seinen Vertreter (Ingenieurbüro / Bauleitung) die Gefährdungen der Tätigkeiten gemeinsam mit den Auftragnehmern analysieren muss, insbesondere für folgende Tätigkeiten:

  • den Tätigkeiten und Betriebsabläufen der Auftragnehmer, die sich auf die Organisation (Bauherr) auswirken
  • den Tätigkeiten und Betriebsabläufen der Organisation, die sich auf die Beschäftigten der Auftragnehmer auswirken
  • den Tätigkeiten und Betriebsabläufen der Auftragnehmer, die sich auf andere interessierte Parteien am Arbeitsplatz auswirken

Die Organisation muss sicherstellen, dass die Anforderungen ihres Sicherheitsmanagementsystems durch Auftragnehmer und deren Beschäftigten erfüllt werden. Der Beschaffungsprozess der Organisation muss für die Auswahl der Auftragnehmer Kriterien für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit festlegen und anwenden.

Der Nutzen

ISO 45001 zertifizierte Firmen geniessen eine höhere Sicherheit in der Umsetzung der rechtlichen Anforderungen. Sie verbessern sich auch kontinuierlich in der Arbeitssicherheit und im Gesundheitsschutz, so dass die Berufsunfallzahlen und die daraus verursachten Abwesenheiten am Arbeitsplatz reduziert werden. Mit der Zertifizierung steigern sie die Rechtssicherheit und auch die Attraktivität für bestehende wie auch zukünftige Arbeitnehmende.

Weitere Informationen gibt es hier.

Downloaden Sie die kostenlose Checkliste ISO 45001:2018 hier.

Quellen:

Der Autor:

Erkan Erdal, Lead-Auditor bei der Swiss Safety Center AG, Produktmanager Arbeitssicherheit und Branchenverantwortlicher Bau, Dipl. Bauingenieur ETH/Sia, Dipl. Sicherheitsingenieur nach EigV

 

Lesen Sie auch: Wissensvermittlung: Wie gebe ich mein sicherheitsrelevantes Wissen an die Mitarbeitenden weiter?

 

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