Die Digitalisierung macht auch vor Brandmeldeanlagen (BMA) nicht halt. Eine BMA zu digitalisieren, kann durchaus sehr sinnvoll sein. Das baut nämlich so manche Unsicherheit ab.
«Die Betriebsbereitschaft einer Brandmeldeanlage muss jederzeit gewährleistet sein.»
Das steht in den Normen. Und das hat eine ganze Reihe an Thematiken zur Folge, um die man sich kümmern muss. Solche, bei denen die Digitalisierung helfen kann.
«Gebäude werden laufend digitaler und es wird stetig mehr Technologie eingebaut, bis die Gebäude schliesslich selbstadaptiv sein werden», sagt Markus Steiner, Service Manager bei Siemens Smart Infrastructure. «In diesen Smart Buildings werden in Echtzeit abrufbare Daten verbunden und dadurch neue Funktionen generiert. Schon heute sind vielfältige Gewerke digitalisiert, von der Heizung und Lüftung über die Storen bis zum Licht. Auch Sicherheitsgewerke wie Einbruchschutz, Zutrittskontrolle oder Videoüberwachung werden smarter. In diesem Umfeld ist es durchaus sinnvoll, auch die Brandmeldeanlage zu digitalisieren.»
«Brandmeldeanlagen sichern zuverlässig alle Vorfälle ab und am liebsten ist es uns, wenn sie sich nicht melden», sagt Kurt Girschweiler, Leiter Product Line Fire bei Siemens Schweiz AG. «Das bedeutet nämlich: keine Alarme, keine Störungen und keine Ausschaltungen von Brandmeldern.» In der Praxis sind Störungen tatsächlich häufiger als Brandfälle. Doch auch Störungen müssen streng gemäss Brandschutzvorschriften rasch behoben werden. Gebäudenutzer fühlen sich deshalb mit der Brandmeldeanlage oft überfordert.
Digitalisierung der Brandmeldeanlage baut Unsicherheiten ab
Genau hier greift die Idee, Brandmeldeanlagen (BMA) mit einem Hauch Digitalisierung zu versehen. Die Verfügbarkeit der BMA bleibt gleich hoch, jedoch können die Hersteller und Fachfirmen einer BMA den Kunden, Nutzer oder Gebäudeverantwortlichen besser unterstützen und dadurch Unsicherheiten und Unbehagen abbauen. «Wir als Siemens können unsere Kunden so proaktiv bei der Behebung unterschiedlicher Events helfen und uns und den Kunden jederzeit einen Überblick über die Funktion, den Zustand und die Verfügbarkeit der Anlage verschaffen. Das schafft Sicherheit und gewährleistet die Einhaltung der VKF-Vorschriften», sagt Girschweiler.
Er spricht dabei verschiedene Unsicherheiten an, bei denen die Digitalisierung die Nutzer und Gebäudeverantwortlichen unterstützen kann:
- Ist die Störung behoben?
- Wurde alles richtig ausgeführt?
- Wurden Ausschaltungen von Brandmeldern rückgängig gemacht?
- Wurden alle Sicherheitsmassnahmen getroffen?
- Ist das Schutzziel der BMA nach einer Ausschaltung adäquat wiederhergestellt?
- Was war die Ursache eines Brandalarms?
- Wo ist der Brand ausgebrochen?
- Wie stellen wir das System nach einem Brandfall wieder richtig ein?
«Gerade im Brandfall ist die digitale Speicherung nützlich: Wird das physische Kontrollbuch zerstört, bleiben die Daten dennoch erhalten.»
Konkrete Beispiele, wann die Digitalisierung einer Brandmeldeanlage hilft
Kurt Girschweiler beschreibt vier Beispiele, um die konkreten Möglichkeiten der Datenanalyse von Brandmeldeanlagen aufzuzeigen:
- Bei Störungen kann der Hersteller einer digitalisierten BMA aus der Ferne erkennen, um welche Art von Störung es sich handelt. Es kann
automatisiert ein Ticket ausgelöst werden und sollte die Störung weiter bestehen, kann aus der Ferne eine detaillierte Diagnose gestellt werden. Falls es einen Techniker vor Ort braucht, wird entsprechend ein Serviceticket erstellt. Für Fragen nach möglichen Ursachen oder nach passenden Aktionen können die Hersteller den Kunden proaktiv angehen und gemeinsam mit ihm klären, wo der Fehler liegt. - Ein zweites Beispiel ist die Ausschaltung von einzelnen Brandmeldern oder die Einstellung der Meldertest-
Funktion. Im ersten Fall reagieren die Melder gar nicht, im zweiten reagieren sie sehr schnell. In beiden Fällen gibt es allerdings keinen Alarm bei der Feuerwehr. Das führt zu Unsicherheiten – haben wir versehentlich die Meldertest-Funktion eingeschaltet und würde im Brandfall die Feuerwehr alarmiert? Wie können wir die Funktion zurückstellen? Erkennt der Hersteller einen solchen Zustand, kann er aktiv werden und beispielsweise nachfragen, ob es richtig ist, dass der Melder ausgeschaltet ist – und dabei helfen, dass die BMA wieder richtig funktioniert. - Beispiel Nummer 3: Datenanalysen können helfen, den Überblick zu bewahren. Ein übersichtlicher und
regelmässiger Report kann exakt auflisten, von wie vielen Alarmen, Störungen oder Ausschaltungen die BMA betroffen war – sprich, wie fit die Anlage ist. So können Verbesserungen an der Anlage diskutiert und umgesetzt werden, was seltener zu unerwünschten Ereignissen auf der Anlage führt. - Das vierte Beispiel betrifft den
tatsächlichen Brandfall. Mittels Datenanalyse lässt sich aufzeigen, wie der Zustand der BMA war, als der Brand ausbrach, welcher Melder zuerst ausgelöst wurde, welche Handfeuermelder allenfalls gedrückt wurden, welche Melder in der Folge auslösten und wie der Brand letztlich ablief. Diese Informationen bleiben dank der Digitalisierung auch dann erhalten, wenn sie auf einer durch den Brand beschädigten Zentrale nicht mehr ausgelesen werden können. Deshalb sind die Ermittlungsbehörden sehr interessiert an solchen Lösungen.
Wie weit ist die Digitalisierung der BMA schon?
Ein Eingriff nach einem Vorfall ist eine reaktive Leistung, um die Funktion der BMA wiederherzustellen. Die gewohnte laufzeitbasierende Wartung ist eine präventive Leistung, um die Wahrscheinlichkeit eines möglichen Ausfalls zu reduzieren.
Neue Technologien ermöglichen heute eine bedingungsbasierte Wartung und eine proaktive Identifizierung von Fehlern. Ausfälle werden also noch unwahrscheinlicher und die Funktion der BMA muss seltener wiederhergestellt werden. Die Digitalisierung schafft dabei Mehrwerte an zwei Fronten. Erstens werden bestehende Services durch die Nutzung verbessert. Korrektive und präventive Wartung wird mit Daten angereichert, was zu besseren Resultaten führt. Zweitens gibt es aber auch neue digitale Services: System Performance Monitoring, Incident Management und eine kontinuierliche Systemoptimierung.
Wie läuft das in der Praxis ab?
Wichtig ist: ein Hersteller wie Siemens darf die BMA gemäss den Vorschriften nicht aus der Ferne bedienen. Ganz aus den Händen geben kann man die Verantwortung für eine BMA dank der Digitalisierung also nicht. Es braucht weiterhin Menschen vor Ort, um die BMA zu bedienen. Ein Hersteller wie die Siemens kann aus der Ferne Unterstützung bieten, kann Daten analysieren und dadurch bessere Resultate ermöglichen und er kann die Kunden mit hilfreichen Informationen versorgen.
«Die Ermittlungsbehörden sind sehr interessiert an solchen Lösungen.»
«Um bedingungsbasiert zu überwachen, benötigen wir die Daten der Gebäudeinfrastruktur und deren Versorgungssysteme», erklärt Markus Steiner. «Daneben benötigen wir aber weiterhin den Menschen, der Daten validieren und den Kundenkontakt koordinieren kann – und wir brauchen Techniker, die vor Ort eingreifen und die Brandmeldeanlage instand setzen können. Ausserdem braucht es den Kunden vor Ort.»
In Kürze lässt sich der Ablauf so zusammenfassen:
- Vor Ort gibt es eine BMA und ein webbasiertes Serviceportal
- Die Daten werden in die Cloud exportiert, damit der Hersteller die genau gleichen Informationen zu den Ereignissen (Alarme, Störungen, Ausschaltungen) hat
- In der Cloud werden die Ereignisse kategorisiert
- Kritische Störungen werden automatisch in ein Ticket umgewandelt
- Mitarbeitende im Siemens Service Center oder vor Ort analysieren die Daten weiter und monitoren den Zustand
- Es entsteht ein Report und eine Massnahme wird ausgelöst
- Mit dem Team des Kunden oder Gebäudebetreibers wird die Massnahme besprochen und umgesetzt
- Bei einem kritischen Alarm wird der Kunde entsprechend unterstützt
- In einem Bericht oder durch einen Eintrag ins e-Logbook wird der Ereignisverlauf festgehalten.
Dieses e-Logbook unterstützt eine effizientere Vorgehensweise. Es ist die digitale Kopie des physischen Kontrollbuchs, in dem die Betreiber und die Wartungsfirma jedes Ereignis einer BMA notieren müssen. Die Einträge im e-Logbook sind dank der Kommunikation der BMA mit der System Performance Management Plattform automatisiert. So wird es einfacher, auch von verschiedenen Orten aus die aktuellsten Informationen einzupflegen und das e-Logbook selbst vom Handy aus einzusehen. Vor Ort können die Ereignisse verifiziert und allenfalls mit weitere Infos – beispielsweise dem Grund eines Alarms oder einer Störung – ergänzt werden.
«Tritt eine Störung regelmässig auf, muss man über die Bücher.»
Gemäss der neuen SES-Richtlinie, die im Juli 2021 in Kraft trat, dürfen elektronische Logbooks geführt werden. Jeder Nutzer erhält dazu ein eigenes Login und es ist deshalb auch stets ersichtlich, wer welche Informationen hinterlegte. Gerade im Brandfall ist die digitale Speicherung nützlich: Wird das physische Kontrollbuch zerstört, bleiben die Daten dennoch erhalten.
Ein weiterer Service in diesem Rahmen ist ‹Fire Uptime›: Er verspricht effiziente Unterstützung bei Störungen der BMA. Wird dabei der Siemens-Partner Certas kontaktiert, welcher in erster Linie den Betreiber und bei Bedarf die Servicetechniker aufbietet, kommt nun rasche Hilfe über Remote-Support. Mit Fire-Uptime werden Ereignisse von der System Performance Monitoring-Plattform registriert, in sechs Dringlichkeitsklassen eingestuft und mit entsprechenden Tickets versehen. «Daraufhin instruiert der Siemens-Support den Nutzer in der vorschriftsgemässen Problemlösung», erklärt Steiner.
Müssen Servicetechniker:innen trotzdem ausrücken, sind sie bereits über die Störung informiert und können sich zielgerichtet vorbereiten. Mit Fire Uptime erhalten Kunden zur eigenen Analyse zudem periodische Berichte über die Einsatzfähigkeit ihrer Anlage. «Tritt eine Störung regelmässig auf, muss man über die Bücher», sagt Steiner.
Was braucht es dazu?
Einige grundlegende Elemente werden benötigt, damit eine Brandmeldeanlage überhaupt online gehen kann:
- Es braucht neuere Typen von Brandmeldeanlagen, zum Beispiel Sinteso von Siemens.
- Es braucht ein Übertragungsgerät (Gateway) vor Ort mit entsprechender Firmware zur Kommunikation, das vor Ort konfiguriert werden muss.
- Es ist ein Servicevertrag nötig, der die Erlaubnis regelt, dass der Anbieter die Daten der Anlage einsehen und remote darauf zugreifen darf.
- Vor Ort braucht es nur einen Netzwerkanschluss – wenn eine Alarmübertragungsanlage vorhanden ist, ist dieser Anschluss bereits gegeben.
- Sämtliche Daten müssen digital als Basis vorhanden sein, damit ein Bezug zu den eingehenden Meldungen hergestellt werden kann. Nur wenn die Konfiguration dem Hersteller bekannt ist, kann er auch tatsächlich zielführende Hilfestellungen bieten.
- Der Kunde braucht eine webbasierte Applikation, wo er Verträge und Termine einsehen kann, den Techniker bestellen kann und wo Reports oder das e-Logbook verfügbar sind.
- Ein Techniker muss alles konfigurieren.
Von der Brandmeldeanlage aus werden die Daten über eine sichere VPN-Verbindung über die Alarmübertragungsanlage zur System Performance Monitoring Plattform übertragen. Greift ein Techniker oder der Servicedesk auf die Anlage zu, geschieht dies ebenfalls über eine sichere VPN-Verbindung. Die Alarmmeldungen gehen natürlich weiterhin auf gleichem Weg zur Feuerwehr oder die Störung auf gleichem Weg zu einer ständig besetzten Alarmzentrale wie zuvor.
«Ein Hersteller darf gemäss den Vorschriften nicht aus der Ferne bedienen, sondern bloss überwachen und helfen.»
Wie geht es weiter?
«Die Digitalisierung ist nicht zu bremsen», sagt Kurt Girschweiler. «In den nächsten zwei Jahren wird eine Vielzahl von BMA online gehen. Wir werden diese Lösungen weiterentwickeln und zusätzliche Features werden kommen.» Künftig werde es vorausschauende Services geben, die auf Analysen und Modellen basieren und entsprechend eine Einschätzung geben können. Reisen wir noch weiter in die Zukunft, erreichen wir einen präskriptiven Ansatz und können mögliche Ursachen für die Zukunft bereits analysieren.
Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit Siemens Smart Infrastructure. Das Unternehmen hat zu diesem Thema ein Webinar durchgeführt, das kostenlos angeschaut werden kann.
Weitere Webinare von Siemens finden Sie unter www.siemens.ch/si-webinare