Donnerstag, 19. September 2024
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Rangierende Fahrzeuge. Kohlenmonoxid-Vergiftung durch Heizstrahler im Vorzelt. Flammeninferno durch explodierende Gasflaschen. Umstürzende Bäume während einem Gewitter. Ein Fettbrand im Wohnwagen. Ein Herzstillstand eines Gastes. Auf Campingplätzen kann eine Menge geschehen. Gut, wenn man dann weiss, was zu tun ist.

Die Nachrichten berichten immer wieder von Unfällen auf Campingplätzen – letztlich sind die Gefahren allerdings ähnlich wie auf der Strasse, im Wintergarten, am Gasgrill, beim Spazieren, in der Küche oder im Büro, um die gleiche Reihenfolge der oben genannten Szenarien beizubehalten.

Camping Jungfrau macht sich fit

Damit die Mitarbeitenden des Camping Jungfrau in Lauterbrunnen (BE) bestmöglich auf solche Szenarien vorbereitet sind und wissen, was im Notfall zu tun ist, unternimmt die Camping Lodge AG eine Menge – weit über die gesetzlichen Vorgaben hinaus. Zum Beispiel organisierte sie für die Mitarbeitenden des Camping Jungfrau im Oktober einen kombinierten Feuerlösch- und Erste-Hilfe-Kurs.

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Gefahr Nummer 1 auf dem Camping: Gas

Vor allem in einem Punkt unterscheidet sich ein Campingplatz von einem anderen Betrieb oder vom privaten Umfeld: «Es gibt eine Menge Gas», sagt Christian Siegenthaler, der während fast 40 Jahren in der Berufsfeuerwehr Bern tätig war und heute für die Chubb Sicli AG Brandschutzschulungen durchführt. «In den Wohnwagen, auf dem Platz, in einem Lager, Gas ist omnipräsent. Das ist eine grosse Gefahr.»

Christian Siegenthaler kam auf den Camping Jungfrau, um den Mitarbeitenden einen Feuerlöschkurs zu bieten, der auf genau solche Gefahren einging. In einem kurzen Theorieteil vermittelte er die wichtigsten Informationen, in einem längeren Praxisteil demonstrierte er, wie sich ein Feuer in verschiedenen Situationen verhält und wie die Mitarbeitenden in diesen Situationen einen Brand löschen können. Dabei zeigte er unter anderem einen Flächenbrand, eine äusserst eindrückliche Fettexplosion und einen Dummy, der Feuer fängt. Anhand verschiedener Löschgeräte wie einer Löschdecke oder eines Feuerlöschers – Hilfsmittel, die vor Ort auf dem Camping Jungfrau tatsächlich zur Verfügung stehen – zeigte er, wie solche Feuer gelöscht werden können.

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Feuer gelöscht – und dann?

Ein Brand hat leider nicht nur Sachschäden zur Folge, es können auch Menschen verletzt werden. Der Kurs schloss hier nahtlos an und Christian Siegenthaler übergab die Mitarbeitenden in die Hände von Regina Saner und Barbara Kühni von notfallTraining schweiz GmbH. Es folgte ein Training rund um die Erste Hilfe.

«Natürlich sind Brandverletzungen hier eher ein Thema als in anderen Betrieben», sagt Barbara Kühni, Pflegefachfrau, Rettungssanitäterin und Kursleiterin der notfallTraining schweiz GmbH. «Wir gehen eher auf Verbrennungen oder Kohlenmonoxidvergiftungen ein und möchten den Mitarbeitenden die Angst vor solchen Notfällen nehmen und ihnen mit auf den Weg geben, was zu tun ist, wenn sich jemand verbrannte.»

Um Notfälle auf einem Campingplatz zu trainieren, braucht es aber schon ein bisschen mehr als nur die richtige Erste Hilfe bei Verbrennungen – auf einem Campingplatz kann nämlich noch viel mehr passieren, von allergischen Reaktionen über Schnittwunden bis zum Kreislaufstillstand. «Egal welche Notfälle eintreten, wir möchten den Ersthelfern und Ersthelferinnen die Angst nehmen, damit sie auch eine Reanimation oder das Stillen einer Blutung bestmöglich durchführen können. Und natürlich sollen sie wissen, dass eine Alarmierung bei der Notrufzentrale 144 unter dem Strich eine ganz wesentliche Erste-Hilfe-Leistung ist – und zwar relativ zügig.»

Was tun bei Verbrennungen?

In Kürze: Ersthelfer müssen Ruhe bewahren und dürfen sich selbst nicht in Gefahr bringen. In schweren Fällen alarmieren sie sofort den Rettungsdienst. Dann erst machen sie sich an die Erste Hilfe.

Kleidung soll nur dann entfernt werden, wenn sie nicht am Körper festklebt – ansonsten riskiert man weitere Verletzungen. Haftet die Kleidung auf der Haut, schneidet man die Textilien rundherum weg. Verletzte sollten nicht alleine bleiben. Bewusstsein, Atmung und Puls sollten regelmässig überprüft werden. Fallen Verletzte aufgrund des Schocks oder der Schmerzen in Bewusstlosigkeit, dreht man sie in die stabile Seitenlage. Damit sie nicht frieren, kann man sie zudecken, beispielsweise mit Rettungsdecken.

Die weiteren Erste-Hilfe-Massnahmen unterscheiden sich je nach Grad der Verletzung: Bei einer Verbrennung ersten Grades (gerötete Haut, aber keine Blasenbildung) heilt die Wunde an der Luft. Spezielle Verbrennungskompressen kühlen und spenden Feuchtigkeit und es die Betroffenen sollten genug trinken, am besten eine mineralsalzhaltige Flüssigkeit, sprich Wasser mit einer Prise Salz.

Ab Grad 2 (mit Blasenbildung und Berührungsschmerzen) gehören Verbrennungen in jedem Fall in ärztliche Behandlung. Eventuell können Ersthelfer die verletzte Haut mit einem sterilen Verband oder Tuch bedecken, aber nicht kleben. Mit Aluminium bedampfte Kompressen oder Salbenkompressen eignen sich. Auf keinen Fall sollten jetzt Desinfektionsmittel, Puder, Salben, Zahnpasta, Butter, Mehl oder ähnliche Dinge auf die offene Wunde geraten.

Verbrennungen dritten Grades verursachen schwerste Hautschäden und sind lebensbedrohlich. Hier muss sofort der Notarzt gerufen werden.

Was ist mit Kühlen?

Lange galt, bei Verbrennungen sofort zu kühlen. Das sitzt in manchen Köpfen noch tief, wird heute allerdings nicht mehr empfohlen. Eine Kühlung mit Wasser lindert zwar den Schmerz, aber viel zu häufig sind Patienten im Anschluss unterkühlt. Ganz besonders bei etwas grösseren bis sehr grossen Verbrennungen verschlechtert die Kaltwasseranwendung die Prognose sogar.

Bei kleineren Verbrennungen bis fünf Prozent der Hautoberfläche kann das trotzdem noch helfen, um den Schmerz in den ersten Minuten zu stillen. Mehr als 15 Minuten sollte man das aber auch in diesem Fall nicht tun und schon gar nicht sollte dafür eiskaltes Wasser verwendet werden, sondern eher Leitungswasser aus dem Wasserhahn. Bei Kleinkindern, Säuglingen oder bewusstlosen Patienten sollte man darauf generell verzichten, bei ihnen kann sehr schnell eine Unterkühlung einsetzen.

Kerzen, Katzen und Fondues

Camping hin oder her: Feuer kann fast überall ausbrechen. «Die Jahreszeit der Kerzen und Fondues ist angebrochen», sagt Christian Siegenthaler. «Wenn der Sprit ausgeht, bitte warten und erst nachfüllen, wenn die Flamme ganz gelöscht ist. Ein kleines blaues Flämmchen sieht man allenfalls nicht. Dann passiert es beim Nachfüllen, dass es zu einem Brand kommt. Das ist verheerend. Auch Weihnachtsbäume und Kerzen können ein Problem sein, zum Beispiel im Zusammenhang mit Haustieren.»

In Zusammenarbeit mit notfallTraining schweiz gmbh.

Lesen Sie auch: Erste Hilfe in der Badi: vom Ertrinkungsunfall bis zur Platzwunde

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Chefredaktor safety-security.ch / CEO bentomedia GmbH / Präsident der Schweizerischen Vereinigung für Betriebssanität SVBS / SFJ-Award für Qualitäts-Fachjournalismus

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