Der aufrechte Gang war eine evolutionäre Errungenschaft. Heute sitzen wir die meiste Zeit auf einem Bürostuhl, bis zu 2000 Stunden im Jahr – aber häufig völlig falsch!
Bewegung war für den Menschen stets sehr zentral. Jagen, sammeln, angreifen, fliehen, springen, rennen, kriechen, prügeln, ohne Bewegung wären wir nicht weit gekommen. Inzwischen wurden wir vom aufrecht gehenden Menschen zum sitzenden Menschen und bewegen vor allem noch unsere Finger. Die meisten Schweizerinnen und Schweizer verbringen ihren Arbeitsalltag auf einem Bürostuhl, bis zu 2000 Stunden im Jahr. Hätten wir uns beim Jagen und Sammeln aber genauso ungeschickt verhalten wie wir das beim Sitzen tun, hätte die Erfindung des Bürostuhls wohl nie stattgefunden. Wir wären längst ausgestorben.
Obwohl das ergonomisch richtige Sitzen keine allzu hohe Wissenschaft ist, will es trotzdem gelernt sein. Wer nun denkt, keine Tipps brauchen zu können, macht am besten kurz den Test im EKAS-Lernmodul zur «Ergonomie am Büroarbeitsplatz». Wer allerdings jetzt schon das Gefühl hat, es zwicke irgendwo, wird die nächsten Zeilen gut brauchen können.
Worauf man grundsätzlich achten sollte: Der Körper ist wie ein Wasserschlauch. Ist er an einer Stelle stark geknickt, wird der Wasserfluss behindert oder sogar blockiert. Das ist mit der Durchblutung genau das gleiche. Arbeitet man seitlich verdreht, gekrümmt oder einseitig belastet, entstehen Verkrampfungen, Kopfschmerzen und Rückenschmerzen. Der Arbeitsplatz muss so eingerichtet sein, dass er die Blutzirkulation nicht behindert und eine aufrechte, entspannte Arbeitshaltung möglich ist – auch wenn die Arbeit an sich gerade nicht so entspannt.
Die richtigen Einstellungen: Der Bürostuhl
- Die Höhe des Bürostuhls einstellen: Füsse flach auf den Boden, Ober- und Unterschenkel bilden einen Winkel von mindestens 90 Grad. Der offene Winkel verhindert das Abklemmen der Durchblutung in den Kniekehlen – das beugt Krampfadern vor und man ermüdet weniger schnell.
- Die Rückenlehne: Ist sie flexibel, kann man zwischendurch zurücklehnen und die angespannten Muskeln entlasten. Sie sollte so eingestellt sein, dass man ohne Kraftaufwand nach hinten lehnen kann, aber genug Widerstand geben, damit die Ausbuchtung bei aufrechtem Sitzen das Kreuz stützt.
- Diese Ausbuchtung nennt man Lordosenstütze: Sie sollte auf der Höhe des Kreuzes sein und so das aufrechte Sitzen fördern. Bei manchen Modellen lässt sich die Höhe der Lordosenstütze anpassen, ohne die Höhe der Rückenlehne zu verändern.
- Stühle ohne Rückenlehne fördern zwar die Rückenmobilität und können eine willkommene Abwechslung sein. Auf die Dauer sind sie aber ungeeignet: ermüdet nämlich die Rücken- und Bauchmuskulatur, gibt es Fehlhaltungen.
- Armstützen: die braucht es nicht zwingend, sie können aber die Schultern entlasten und beim Aufstehen und Hinsitzen helfen. Sie sie jedoch zu lang oder falsch eingestellt, sitzt man nicht nahe genug am Tisch, was zu einer gekrümmten Körperhaltung führen kann. Richtig einstellen kann man die Armstütze, indem man aufrecht hinsitzt und die Ellbogen locker auf die Stützen legt, ohne die Schultern anheben zu müssen.
- Die Neigung der Sitzfläche ist optimal, wenn man die Oberschenkel mit gleichmässiger Belastung auf die Sitzfläche und den Rücken leicht gegen die Stuhllehne drückt. Zwischen der Sitzfläche und der Kniekehle sollte ein kleiner Abstand sein, etwa zwei Finger breit.
Die richtigen Einstellungen: Der Tisch
- Die Höhe des Tisches ist zentral: ist er zu niedrig eingestellt, neigen wir uns nach vorne, krümmen uns, drücken den Bauch ein und unsere Verdauung wird gestört. Drückt die Tischkante in den Bauch, kann das die Situation zusätzlich verschärfen. Also: aufrecht auf dem Bürostuhl sitzen, die Ellbogen locker auf den Tisch legen, ohne die Schultern anheben zu müssen. Das ist die korrekte Tischhöhe.
- Der Bildschirm: Die natürliche Blickrichtung ist nicht geradeaus, sondern leicht nach unten geneigt. Deshalb sollte der obere Bildschirmrand eine Handbreit unter der Augenhöhe sein. Das beugt Nacken- und Schulterschmerzen vor. Ausserdem gehört der Bildschirm nicht seitlich platziert, sondern gerade vor dem Kopf. Der Abstand zwischen Augen und Bildschirm sollte mindestens eine Armlänge betragen, bei grösseren Monitoren etwas mehr. Wer die Texte nicht gut lesen kann, sollte den Bildschirm nicht näher rücken, sondern die Schriftgrösse anpassen oder sich eine Computerbrille anschaffen.
- Auch die Tastatur sollte gerade vor einem liegen. Der Abstand zur Tischkante beträgt am besten zwischen zehn und 15 Zentimeter, damit man die Handballen locker auf dem Tisch abstützen kann. Die Maus sollte so nahe wie möglich bei der Tastatur sein, um Sehnen und Muskeln in der Schulter nicht unnötig zu belasten.
- Arbeitsdokumente sollten nicht zwischen Körper und Tastatur liegen, sondern zwischen der Tastatur und dem Bildschirm – alles auf einer Achse, um Kopf und Oberkörper nicht seitlich abwenden zu müssen.
- Ist der Tisch zu hoch und lässt er sich nicht verstellen, kann eine Fussstütze Man stellt den Bürostuhl etwas höher und nimmt die Fussstütze, um wieder Boden unter die Füsse zu bekommen. Bei einer guten Fussstütze lassen sich Höhe und Neigungswinkel einstellen. Sie sollte ausserdem genug breit sein, um eine gewisse Bewegungsfreiheit zu ermöglichen.
Die Evolution bewegt uns weiter
Dummerweise ist die Veränderung ziemlich konstant. Selbst wenn wir einmal alles optimal eingerichtet haben: Ein neuer Bürostuhl, ein neues Pult, ein neuer Arbeitsplatz, das Home Office oder das mobile Arbeiten – und schon sitzen wir wieder falsch. Doch davon dürfen wir uns nicht aufhalten lassen. Denn: Ergonomisch eingerichtete Büroarbeitsplätze reduzieren Ausfallzeiten und stärken die Gesundheit und Motivation der Mitarbeitenden. Davon profitieren alle und sogar das Bankkonto leidet nicht unbedingt. Man muss nämlich nicht das gesamte Büromobiliar austauschen, sondern schlicht das vorhandene Mobiliar richtig nutzen. Dabei können beispielsweise die EKAS-Checkbox «ErgoCheck» oder die EKAS-Box «Ergonomisches Arbeiten» helfen und Schritt für Schritt aufzeigen, wie man Bildschirmarbeitsplätze optimiert.
Lesen Sie auch: