Freitag, 20. September 2024
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Wie nzz.ch heute berichtet, besitzen gegen hunderttausend Privatpersonen in der Schweiz eine Drohne. Das schätzt das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl). Das Problem: Viele von ihnen wissen nicht, an welche Regeln sie sich halten müssen.

Ueli Sager ist Präsident des Schweizer Verbands Ziviler Drohnen (SVZD). Er sagt zur NZZ, er wolle nicht schwarzmalen, aber: «Drohnenpiloten geraten sehr schnell in eine Situation, in der sie gegen das Gesetz verstossen, ohne sich dessen bewusst zu sein.» Die Unkenntnis fange schon bei der Versicherung an, erklärt er: Wer eine handelsübliche Drohne fliegt, die mehr als 500 Gramm wiegt, braucht eine Haftpflichtversicherung mit einer Deckung von über einer Million Franken. Den Versicherungsnachweis müssten Hobbypiloten bei jedem Flug mitführen – eine Vorschrift, die wohl kaum einer kenne.

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Auch bei anderen Regeln herrscht laut Sager noch Informationsbedarf. «Tückisch» sei zum Beispiel das Flugverbot in Naturgebieten, in denen nicht gejagt werden darf. 42 solcher Jagdbanngebiete gibt es in der Schweiz – und zusammen mit dem Drohnen-Flugverbot, das fünf Kilometer rund um Flugplätze gilt, schränken sie die Räume, in denen Drohnen überhaupt fliegen dürfen, schon beträchtlich ein.

Dass eine Kollision zwischen einer Drohne und einem bemannten Flugzeug zu einem Absturz des Letzteren führte, wurde zwar weltweit noch nie dokumentiert. Dennoch ist für Ueli Sager klar: Wenn ein Hobbypilot mit einer grossen Drohne ein kleines Flugzeug trifft, kann der Zusammenstoss «absolut fatal» enden. Sager kennt auch Fälle, bei denen die Rega an einem Unfallort nicht landen konnte, weil Drohnen dort kreisten. Dass so etwas passiere, findet er «schon sehr bedenklich».

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Dem Bundesamt für Zivilluftfahrt wurden im vergangenen Jahr über 24 Fälle gemeldet, bei denen professionelle Helikopter- oder Flugzeugpiloten Drohnen in ihrem Sichtfeld meldeten – mit der Folge, dass teilweise auch die Polizei ausrückte. Sanktionen würden je nach Einzelfall gesprochen, erklärt Urs Holderegger vom Bundesamt für Zivilluftfahrt. Aber wer seine Drohne ohne Spezialbewilligung zu nahe an Flugplätze steuere, könne sich durchaus ein Strafverfahren aufhalsen.

Auch Fotografen und Hobby-Filmemacher, die an der Hochzeit eines Freundes Luftaufnahmen mit der Drohne machen, handeln sich mindestens eine Busse von ein paar hundert Franken ein, wenn sie erwischt werden. Seit 2014 verbietet nämlich eine Verordnung des Bundes über Luftfahrzeuge besonderer Kategorien das Überfliegen von Menschenansammlungen mit mehr als 24 Personen. Wie gefährlich ausser Kontrolle geratene Drohnen sein können, zeigte ein Vorfall bei einem Skirennen vor zwei Jahren: Damals krachte eine Drohne während Marcel Hirschers Fahrt unmittelbar hinter ihm auf die Piste.

Die kantonalen Polizeikorps sind sich bewusst, dass Drohnen, die über Menschenansammlungen fliegen, gefährlich sind. Beobachten sie eine solche Verwendung der Fluggeräte, machen sie eine Meldung ans Bazl. Die Behörde könnte für diesen Zweck eine Sonderbewilligung ausstellen, die Auflagen sind jedoch so hoch, dass bis heute noch nie eine erteilt worden ist, schreibt die NZZ.

Auch die Datenschützer des Bundes verfolgen den Drohnen-Boom mit wachsamem Auge. Die Gefahr, dass die Fluggeräte zur heimlichen Überwachung eingesetzt würden, sei erheblich, sagt Francis Meier, Sprecher des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten. Grundsätzlich dürften Hobbypiloten nur Leute filmen, die damit einverstanden seien. Wer seine Drohne also ohne Fragen durch den Garten des Nachbarn steuert oder vor dessen Schlafzimmerfenster placiert, kann wegen Persönlichkeitsverletzung verklagt werden – zumindest theoretisch. Denn wie bei der Missachtung der Flugverbotszonen gibt es bei diesen Gesetzesverstössen ein Problem: Weder die Polizei noch die gefilmten Personen können in jedem Fall eruieren, wem die störende Drohne gehört.

Eigentlich dürften Hobbypiloten ihre Geräte nur mit Sichtkontakt fliegen. Aber die Technologie ermöglicht ihnen auch, den Flug der Drohne auf dem Smartphone oder durch eine Videobrille zu verfolgen. Will also jemand mit seiner Drohne den Nachbarn ausspionieren oder gar belauschen, ist das Risiko, dass er zur Rechenschaft gezogen wird, klein, denn er wird seine Drohne wohl zu diesem Zweck – illegalerweise – ausser Sichtkontakt steuern.

Dass die Polizei heute kaum gegen Gesetzesverstösse vorgehen kann, empfindet auch Ueli Sager vom Drohnenverband als unbefriedigend. «Wer sich an die Regeln hält, ist heute fast der Beschissene», sagt er. Die Ordnungshüter seien schlicht nicht gut genug aufgestellt, um den begangenen Widerhandlungen nachzukommen. Sagers Verband befürwortet deshalb die Bestrebungen des Bazl, gemeinsam mit anderen Staaten ein System der elektronischen Registrierung einzuführen. Diese Lösung wird laut Urs Holderegger derzeit weltweit geprüft. Er geht davon aus, dass neu gekaufte Drohnen ab nächstem oder übernächstem Jahr mit einem Chip versehen sein werden. Dann kann die Polizei Drohnen wie ein Handy orten und so einen fehlbaren Besitzer ausfindig machen.

Ueli Sager sieht in der elektronischen Registrierung vor allem eine Chance, weil Drohnen so in einen kontrollierten Luftraum integriert werden könnten. Dass Firmen wie die Post zunehmend auf Drohnen setzen, zeige, dass die ferngesteuerten Fluggeräte einen ähnlichen wirtschaftlichen Stellenwert wie die bemannte Fliegerei erhalten würden. Deshalb sei es notwendig, dass die Drohnen künftig ihre Position fortlaufend an eine Flugsicherung übermittelten, welche die Flugbahnen der Drohnen voraussehen und bei Kollisionsgefahr intervenieren könne.

Auch der eidgenössische Datenschutzbeauftragte begrüsst laut NZZ die Initiative des Bazl. Ob mit der elektronischen Registrierung aber alle Probleme gelöst werden, ist für Sprecher Francis Meier ungewiss. Dann stelle sich nämlich die Frage, wie der Bund verhindern könne, dass Privatpersonen Drohnen über inoffizielle Kanäle kauften, um die Registrierungspflicht zu umgehen.

Quelle: nzz.ch

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Chefredaktor safety-security.ch / CEO bentomedia GmbH / Präsident der Schweizerischen Vereinigung für Betriebssanität SVBS / SFJ-Award für Qualitäts-Fachjournalismus

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