Freitag, 20. September 2024
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Türen in Flucht- und Rettungswegen sind eine Herausforderung. Sie müssen gegensätzliche Anforderungen erfüllen: Den Schutz von Menschenleben durch eine ungehinderte Fluchtmöglichkeit im Notfall und den Schutz von Eigentum durch einen verwehrten Zugang für nicht berechtigte Personen. Dabei ist eine Tür selten allein, was die Koordination der verschiedenen Funktionen erschwert.

Baubestimmungen verlangen in Fluchtwegen eine leichte Öffnung der Tür von innen – und das ohne fremde Hilfsmittel. Das ist grundsätzlich leicht realisierbar, wenn man sie schlicht unverschlossen lässt. Gleichzeitig fordern Versicherer, Polizei und Betreiber aber den möglichst sicheren Verschluss gegen Missbrauch und Einbruch. Für den Feuerwehrmann ist ein einfacher Zutritt ins Gebäude wiederum unverhandelbar. Schliesslich geht es im Ernstfall um Sekunden. Wie kann eine Türe also gleichzeitig Leben retten und schützen sowie Werte und Eigentum sichern?

Widerspruch der Anforderungen

In der Schweiz schreiben gesetzliche Anforderungen vor, wann ein Fluchtweg gewährleistet werden muss, und welche Anforderungen an diesen Fluchtweg bestehen. Dabei eröffnet sich ein Zielkonflikt: Die Anforderungen an eine freie Flucht, kontrolliertes Verlassen, freien Rettungszugang und kontrolliertem Zutritt für alle anderen stehen im Widerspruch zueinander. Besonders knifflig kann es werden, wenn mehrere Türen miteinander vernetzt werden und unterschiedliche Funktionen wahrnehmen sollen. Glücklicherweise gibt es dafür passende und unkomplizierte Lösungen – dazu aber später mehr.

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Szenarien, die exemplarisch für diese gegensätzlichen Anforderungen stehen, gibt es viele:

  • Kunden eines Einkaufsgeschäfts sollen das Gebäude im Normalfall nicht über die Notausgänge verlassen dürfen. Das verhindert Diebstähle. Um im Notfall dennoch frei fliehen zu können, braucht es beispielsweise eine Fluchtwegsicherung mit einem Terminal, an dem Fliehende eine Not-Taste drücken und die Fluchttür freischalten können. Gleichzeitig wird ein Alarm ausgelöst. Auf diese Art werden Notausgänge kontrolliert und der Betreiber kann sofort reagieren – also auch, wenn ein Dieb den Fluchtweg zum Entkommen nützen will.
  • In einem Kindergarten oder in einer Schule soll das System über eine Zeitsteuerung verfügen, so dass die Tür nur zu bestimmten und definierten Zeiten frei begehbar ist – zum Beispiel dann, wenn die Eltern ihre Kinder bringen oder abholen. Das verhindert, dass jedermann unkontrolliert reinspazieren kann und dass Kinder sich unbeaufsichtigt aus dem sicheren Bereich bewegen können. Natürlich kommt in Notfällen jedes Kind ungehindert raus. Hier kann eine Funktion helfen, die den LED-Sensortaster auf der Aussenseite nur während der Bring- und Abholzeiten aktiviert.
  • An Länder- oder Zollgrenzen, zum Beispiel in einem Flughafengebäude, gibt es hunderte Türen. In einem gesicherten Flughafenbereich muss die Flucht in eine bestimmte Richtung sichergestellt werden, während in umgekehrter Richtung niemand unkontrolliert passieren darf. Oft handelt es sich auf diesen Wegen um mehrere Türen, die es zu passieren gilt. Jede dieser Türen soll im Ernstfall individuell bedienbar sein. Allerdings soll das Fluchtwegsicherungssystem dennoch einfach und wirtschaftlich bleiben. Hier braucht es eine Mehrtürensteuerung anstelle von vielen Standard-Einzelsystemen. Eine einzige Zentrale steuert dann die für jede vernetzte Tür individuellen Funktionen.

Tausend Türen, tausend Systeme?

Ein Beispiel dafür ist das modulare Fluchtwegsicherungssystem SafeRoute von dormakaba. Es verbindet die gegensätzlichen Anforderungen an Fluchtwegtüren und eignet sich überall dort, wo man eine Flucht gewährleisten muss und Missbrauch verhindern will. Hier werden immer die genau gleichen Komponenten verwendet. Alle Funktionen sind in der Basisvariante des Terminals bereits angelegt. Im Auslieferungszustand kann das Terminal jedoch grundsätzlich noch nichts. Erst mit der passenden Lizenzkarte werden die passenden Funktionen aktiviert – von einer ganz schlichten Türsituation bis zu maximalen Anforderungen. Wählt man eine Mehrtürlösung, lassen sich ausserdem bis zu vier Terminals mit einer Zentrale verbinden, was nur eine Lizenzkarte benötigt und dadurch Kosten spart.

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Das Lizenzsystem schafft Planungssicherheit. Der Besteller muss in der Planungsphase eines Gebäudes noch gar nicht genau wissen, welche Tür letztlich welche Funktionen sicherstellen muss. Ist ein Terminal eingeplant, lässt sich das später definieren und via passender Lizenzkarte aktivieren. Und ändern sich die Bedürfnisse während der Betriebsphase, können die Funktionalitäten einfach anpasst werden. Drehflügeltürantriebe, Mehrtürlösungen, Schleusensteuerung, Zeitverzögerung, eine Kombination mit Entrauchungsanlagen und vieles mehr lässt sich entsprechend flexibel realisieren.

Kurz: dutzende unterschiedliche Bedürfnisse an tausend und eine Tür mit ein und derselben Lösung. Wir haben uns das Beispiel SafeRoute im The Circle am Flughafen Zürich angeschaut, wo rund 250 SafeRoute-Türterminals verbaut wurden. Wir trafen uns dort mit Thomas Senn von der dormakaba Schweiz AG, der uns dieses Fluchtwegsicherungssystem erklärte:

 

Gesetzliche Grundlagen

In der Schweiz schreiben gesetzliche Anforderungen vor, wann ein Fluchtweg gewährleistet werden muss und was eine Fluchtwegtür können soll.

Einerseits regelt die SN EN 13637 die Anforderungen an elektrisch gesteuerte Notausgangsanlagen für Türen in Flucht- und Rettungswegen.

Die VKF-Brandschutzrichtlinie geht ausführlich darauf ein, welche Anforderungen an Fluchtwegtüren bestehen – je nach Situation. Sie sagt:

Für Türen in Fluchtwegen, welche abgeschlossen werden, sind im Normalfall Schliess-Systeme nach SN EN 179:2008 oder SN EN 1125:2008 zu verwenden. Ausgenommen davon sind Wohnungseingangstüren sowie Türen aus einzelnen endständigen Räumen mit nur einem Ausgang, welcher gleichzeitig auch der Zugang ist – zum Beispiel zum Hotelzimmer, Schulzimmer, Büro, Lager, Technikräumen, Keller oder ähnliches.

Notausgangsverschlüsse werden insbesondere bei Fluchtwegtüren angewendet, wo keine Paniksituation erwartet werden muss. Darunter sind Betriebe und Anlagen mit einer Personenbelegung bis zu zwei Personen pro Quadratmeter zu verstehen. Eine optionale elektrische gesteuerte Absicherung der Notausgangsverschlüsse gegen missbräuchliche Verwendung der Fluchttüren hat der SN EN 13637:2015 zu entsprechen. Das kommt insbesondere bei Wohnungen, Schulen, Büros, Industrie, Gewerbe, Beherbergungsbetrieben, Verkaufsgeschäften, Parkhäusern oder Versammlungsräumen wie Restaurants, Mehrzwecksäle, Theater, Kinos oder Ausstellungsräume zum Zug.

Paniktürverschlüsse nach SN EN 1125:2008 und SN EN 13637:2015 werden dort angewendet, wo Paniksituationen entstehen können. Darunter sind Betriebe und Anlagen mit einer Personenbelegung von mehr als zwei Personen pro Quadratmeter zu verstehen. Eine optionale elektrische gesteuerte Absicherung der Paniktürverschlüsse gegen missbräuchliche Verwendung der Fluchttüren hat der SN EN 13637:2015 zu entsprechen. Anwendung finden diese insbesondere bei Diskotheken, Popkonzerten, Zuschauertribünen mit Zugangswegen oder Warteflächen.

Die Brandschutzbehörde entscheidet objektbezogen und aufgrund der erwähnten Kriterien über die Anwendung von Verschlüssen für Türen in Fluchtwegen.

In Zusammenarbeit mit dormakaba Schweiz AG

Lesen Sie auch: «Der Fluchtweg ist das Ziel»

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Chefredaktor safety-security.ch / CEO bentomedia GmbH / Präsident der Schweizerischen Vereinigung für Betriebssanität SVBS / SFJ-Award für Qualitäts-Fachjournalismus

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