Eine Fachtagung der Schweizerischen Gesellschaft für Kulturgüterschutz (SGKGS) widmet sich am 13. Januar 2020 dem Notfallmanagement rund um Kunst und Kulturgüter.
Am Abend des 2. September 2004 brannte die weltberühmte Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar. Der Dachstock stand lichterloh in Flammen, als Ralf Seeber damals als erster Einsatzleiter vor Ort eintraf. Die Feuerwehr konnte den Grossbrand erst nach zwei Stunden eindämmen. Ralf Seeber erzählt an der Fachtagung, wie sich Planung, Einsatzzeiten und Realitäten während diesem Feuerwehreinsatz verhielten und welche Erkenntnisse und Schlussfolgerungen man daraus ziehen konnte.
Bereits während des Brandes wurden rund 28’000 Bücher aus dem Gebäude gerettet, darunter die Luther-Bibel. Tausende weitere bargen die Feuerwehr und Bürger im Lauf der Nacht mit einer Menschenkette.
Bei der Evakuation von Kunst- und Kulturgütern gilt es ganz unterschiedliche Themen zu beachten und die Einsatzkräfte müssen dazu einiges berücksichtigen. Michael John, Abteilungsleiter Bau, Technik, Sicherheit der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, liefert einen Praxisbericht rund um das Notfallmanagement in einem Museum. Er geht dabei sowohl auf Schutzkonzepte für die zu rettenden Güter ein als auch auf den Feuerwehreinsatzplan, die Koordination der hilfeleistenden Stellen und die Integration des lokalen Notfallverbundes.
Der Brand in der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek vernichtete insgesamt mehr als 50’000 Bücher und 35 Gemälde vollständig. Glücklicherweise begann man schon im Mai 2002 mit dem Ausbau von zwei unterirdischen und modernen Depots für 1,4 Millionen Bücher. Anfang August 2004 startete der Umzug der Bücher. Ein Teil des Bestandes war also bereits in Sicherheit. Solche modernen Kunstlager sind ganz besonders für Museen und Bibliotheken mit älterer Bausubstanz oft ein sicherer Hafen. Die Frage, wie man Kunst- und Kulturgüter lagern möchte, sollte von einer akribischen Risikoanalyse begleitet werden. Dean Robinson vom Versicherungsunternehmen Swiss Reinsurance erzählt mehr zu diesem Thema.
Feuer, Rauch, Hitze und Löschwasser beschädigten am 2. September 2004 weitere 118’000 Bücher. Während den folgenden 14 Jahren beschäftigten sich renommierte Institute und Werkstätten in ganz Europa mit der Restaurierung. 56’000 russ- und rauchgeschädigte Bücher konnten gereinigt und konservatorisch versorgt werden, 37’000 Bücher mit Einbandschäden wurden fast vollständig restauriert. Damit dies möglichst erfolgreich gelingt, gilt es in den unterschiedlichen Phasen eines Ereignisses das Richtige zu tun. Auf diese Strukturen und Prozesse beim Bergen von Kulturgut geht Karin von Lerber, diplomierte Konservatorin und Restauratorin, in ihrem Referat ein.
Es ist zu hoffen, dass solche Ereignisse nie eintreffen. Die Geschichte sollte uns aber lehren, dass sie eintreffen werden. Man muss sich also auf die möglichen und teils auch auf die undenkbaren Notfälle vorbereiten: was tun wir bei einem Brand, bei Hochwasser, bei Erdbeben oder während den vielen weiteren möglichen Szenarien? Wie gut die Bundesmuseen in Österreich beispielsweise auf solche möglichen Ereignisse vorbereitet sind und wie dort eine Notfallplanung aufgebaut wurde, erzählt Peter Tampier, Sicherheitsbeauftragter des Kunsthistorischen Museums Wien.
Die Fachtagung «Kunst & Kulturgüter: Richtig handeln in Notfällen» am 13. Januar 2020 im Museum für Gestaltung in Zürich gibt nützliche Anregungen, wie Kunst- und Kulturgüter vor Ereignissen bewahrt und in Ereignissen geschützt und gerettet werden können.