Donnerstag, 19. September 2024
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Lithiumbatterien sind sicher – diese Aussage kann, gemessen an den Stückzahlen, die jährlich produziert, transportiert und benutzt werden, so gemacht werden. Doch die Entwicklung und Einführung immer leistungsstärkerer Batterien führt unweigerlich zu komplexeren Vorschriften.

Batterien speichern Elektrizität elektrochemisch ab und machen so Strom für uns mobil verfügbar. Parallel oder in Serie geschaltet ermöglichen uns Batterien so den technischen mobilen Fortschritt.

Anfangs der 70-er Jahre entwickelte Quarz-Armbanduhren benötigten seinerzeit neue Batterien. Knopfzellen mit elementarem Lithium-Metall, welches heftig mit Wasser reagiert, wurden in Form nicht wiederaufladbarer Lithium-Metall-Batterien entwickelt. Auch hier gab es mit der Einführung dieser damals neuen Technologie teils schwere Unfälle. Die Einführung des Walkmans in den 80-er Jahren verlangte nach stärkeren und vor allem wieder aufladbaren Batterien. Die Lithium-Ionen-Batterie war geboren – mit all seinen Kinderkrankheiten wie Memoryeffekt, begrenzte Ladezyklen und grosser Kälteabneigung.

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Und heute: seit Jahren verfügen wir über Hochleistungsbatterien in diversen Formaten, sei es zylindrisch, prismatisch oder gepoucht (siehe Wikipedia: Pouch-Zelle). Auf der Kathodenseite wurde das Lithium-Cobalt-Oxid (LCO) durch leistungsfähigeres Lithium-Mangan-Oxid-Spinell (LMS, LMO) weitestgehend ersetzt. Die sicherheitstechnisch weitaus bessere Lithium-Eisen-Phosphat-Katode (LFP), die bei Überladungen feuerfest ist da sie kein Oxid als Brandbeschleuniger enthält, hat gegenüber anderen Kathoden den Nachteil, dass sie niedrige Nennspannungen bei einer höheren Selbstentladung besitzt.

Auf der Anodenseite wird versucht die bewährte Graphitanode durch Lithium-Titanat-Oxid (LTO) oder Silicium-Kohlenstoff-Komposite (SiC) zu ersetzen. Bei diesen Anodentechnologien besteht jedoch noch Optimierungsbedarf hinsichtlich der Entladerate sowie der Ausdehnung beim Laden der Batterie und auch dem Preis. Entwicklungen gehen auch in Richtung des Einsatzes von elementarem Lithium-Metall, womit jedoch wieder die Gefahr der Deflagration bei Kontakt mit Wasser vorhanden ist.

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Bei den derzeit noch brennbaren Elektrolyten geht die Entwicklung hin zu nicht mehr brennbaren Feststoff-Elektrolyten mit längerer Lebensdauer und geringerer Temperaturempfindlichkeit.

Vorschriften beim Versand von Lithiumbatterien

Vor dem Versand von Lithium-Ionen-Batterien oder Geräte mit solchen Batterien muss der Versender zunächst seine Batterien identifizieren. Es wird unterschieden in UN 3090 Lithium-Metall-Batterien und UN 3091 Lithium-Metall-Batterien in und mit Ausrüstung, sowie UN 3480 Lithium-Ionen-Batterien und UN 3481 Lithium-Ionen-Batterien in und mit Ausrüstung. Lithium-Batterie betriebene Fahrzeuge werden der UN-Nummer UN 3171 zugeordnet. Zu den einzelnen UN-Nummern gibt es zahlreiche Sondervorschriften, welche angewendet werden können und Verpackungsanweisungen, welche eingehalten werden müssen.

Aus beiden Grafiken wird ersichtlich, dass für die korrekte Klassifizierung ein gut fundiertes Wissen über die aktuellen Gefahrgutvorschriften des jeweiligen Verkehrsträgers wichtig ist.

Die wichtigsten Punkte vor dem Versand und Transport von Lithium-Batterien:

  1. Identifizierung der Batterien und Geräte mit solchen Batterien
  2. Korrekte Klassifizierung gemäss aktueller Gefahrgutvorschriften, Zuordnung zu einer UN-Nummer
  3. Sicherstellung, dass ein 38.3-Zertifikat für die zu versendende Batterie vorliegt
  4. Prüfen, ob die Sondervorschrift 188 angewendet werden kann (vereinfachte Verpackung und Kennzeichnung, Transport per Post gestattet)
  5. Prozess für defekte oder kritische Batterien erstellen und betriebsintern kommunizieren, Einhaltung der jeweiligen Verpackungsanweisungen mit höheren Anforderungen an die Verpackungen
  6. Entsorgungskonzept für gebrauchte Batterien erstellen, Sammelgefässe nie in Fluchtwegen/Treppenhäuser aufstellen, Deckel des nicht leitenden Sammelgefässes immer geschlossen halten, Informationen der Inobat beachten (inobat.ch)
  7. In Gebrauchsanweisungen für Geräte/Fahrzeuge mit Batterien auf die zu beachtenden Gefahrgutvorschriften praxistauglich hinweisen
  8. Ernennung eines Gefahrgutbeauftragten, falls die Art und Menge an Batterien dies erfordert

Gespannt sein dürfen wir auf die weiteren Entwicklungen in der Batterietechnik mit deren Nutzungsmöglichkeiten. Auch die Weiterentwicklung von praxistauglichen Vorschriften, die die Nutzung, die Lagerung, den Transport und die Entsorgung sicher regeln, dürfen erwartet werden.

Neues Merkblatt der VKF für die Lagerung von Lithiumbatterien

Anfang Juni hat die VKF ihr neues Merkblatt 2005-15 über Lithium-Ionen-Batterien herausgegeben. Neu werden Lithium-Ionen-Batterien in drei Hazard Level eingestuft, wie in nachfolgender Tabelle ersichtlich ist.

Tabelle aus Abschnitt 3.2 des VKF-Merkblatts «2005-15 Lithium-Ionen-Batterien» https://www.bsvonline.ch/de/vorschriften/

Empfohlen wird für gewerbliche Lager und Logistikbetrieben mit Lithium-Ionen-Batterien folgendes:

LIB HL I: keine speziellen Massnahmen notwendig

LIB HL II und HL III:

  • Brandabschnittsbildung der Lagerräume mit mindestens Feuerwiderstand EI 60, eingeschossige und nicht anderweitig genutzte Bauten können alternativ auch aus Baustoffen der RF1 errichtet werden
  • Übersteigt der Gesamtenergiegehalt der LIB mehr als 500 kWh je Brandabschnitt, so können entweder kleine Brandabschnitte mit je maximal 600 m2 gebildet werden oder eine speziell für LIB ausgelegte wirksame Sprinkleranlage nach anerkanntem Standard wie z. B. nach VdS CEA 4001 ergänzt mit VdS 3856
  • Installation einer brandfallgesteuerten Rauch- und Wärmeabzugsanlage
  • Installation von Wasserlöschposten
  • Ausräumöffnungen ins Freie
  • Lagern der LIB ausschliesslich in den unteren Palettenlagen eines Regals

LIB HL III:

  • Keine Lagerung im Hochregallager
  • Gebäude mit Blitzschutzsystem
  • Druckentlastungsöffnungen

Bei Altbatterie-Sammelfässer (LIB HL I) sollte folgendes beachtet werden:

  • Sammelfässer aus Baustoffen RF1 mit dicht schliessendem Deckel, bei Metallgebinden ist darauf zu achten, dass diese mit einem Kunststoff-Inliner ausgekleidet sind
  • Sammelstellen mit Abwurfschächten: Ausführung der Abwurfschächte und des Auffangraums mit mindestens Feuerwiderstand EI 30

Im VKF-Merkblatt sind weitere Informationen zu Sammelstellen für Elektrogeräte, sowie stationären Speichersysteme der HL I bis HL III enthalten.

Fazit

In der gesamten Betrachtung wirkt die Thematik sehr komplex. Um sich Klarheit zu verschaffen lohnt sich entweder der Besuch des entsprechenden Kurses oder das Gespräch mit Fachexperten.

Weiterführende Informationen: https://www.safetycenter.ch/gefahrstoff-gut

Passender Kurs: Gefahrgut: Lagerung und Transport von Lithiumbatterien https://akademie.svti-gruppe.ch/de/kurse/gefahrgut-lagerung-und-transport-von-lithiumbatterien/k!20348/

Passende Tagungen:
23. Gefahrguttag Schweiz, 20.10.2021, www.gefahrguttag.ch
10. Gefahrstofftag Schweiz, 11.11.2021, www.gefahrstofftag.ch

 

Autor:
Ralf Mengwasser
Berater Integrale Sicherheit, Expertise Services – Umweltsicherheit,
Swiss Safety Center AG

 

 

Lesen Sie auch: «Swiss Safety Center: Modelllösung bis Juni 2026 rezertifiziert»

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