Freitag, 20. September 2024
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Digitaler Nachlass…? Wer seinen Nachlass regeln möchte, denkt dabei vor allem an sein Vermögen und allenfalls sein Eigenheim. Da sich unser Leben jedoch zunehmend im digitalen Raum abspielt, sollte man auch darüber nachdenken, was einmal mit dem digitalen Nachlass passieren soll.

Autor: Michel Rohrer

Die zunehmende Digitalisierung lässt uns bereits heute eine Vielzahl von (Rechts-)Geschäften digital erledigen. Zu denken sind dabei etwa an Bankgeschäfte, online Einkäufe und Abos für Medien oder Clouddienste für das Speichern von Fotos, PDF-Dokumenten und anderem. Manche von uns handeln zudem auch noch mit Kryptowährungen oder besitzen vielleicht einen (Online-)Bankaccount bei einer Internet-Bank.

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All diese Daten, Accounts und Geldwerte sind eines Tages Teil unseres digitalen Nachlasses. Doch was passiert im Falle des Falles mit diesen Daten? Wer hat Zugriff auf diese Daten – oder eben gerade nicht?

Digitaler Nachlass: Keine gesetzliche Regelung

Das Schweizer Erbrecht enthält keine speziellen Regelungen für den digitalen Nachlass. In der Schweiz werden daher lediglich auf einem physischen Gerät gespeicherte digitale Daten «automatisch» an die gesetzlichen oder testamentarischen Erben vererbt. Nicht aber virtuell gespeicherte Daten wie Fotos oder Videos in einer Cloud. Um das digitale Erbe muss man sich demnach selbst kümmern!

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Wer sicherstellen will, dass persönliche oder gar vertrauliche Daten sowie allfällige Krypto-Vermögenswerte und ähnliches nach dem Tod nicht verloren gehen oder gar zu einer Belastung werden könnten, sollte bereits zu Lebzeiten Klarheit schaffen.

Meist sind es die Angehörigen, die sich nach dem Tod eines Familienmitglieds auch um das digitale Erbe kümmern müssen. Doch ohne die entsprechenden Zugangsdaten kann sich dies als sehr schwierig, zeitaufwändig und damit auch kostspielig erweisen.

Deshalb sollten Angehörige im Voraus entlastet und ein digitaler Nachlass verfasst werden, der detailliert über Daten, Accounts sowie Passwörter informiert und bestimmt, was damit geschehen sollte.

Zum digitalen Nachlass gehören alle Daten, Profile, Abonnements und Vermögenswerte, welche eine Person nach dem Tod auf lokalen Endgeräten wie Smartphone oder Computer, aber auch im Internet, hinterlässt.

Wichtig ist dabei, dass für die Erben der Zugang sowohl auf die Geräte als auch die virtuellen Daten gesichert ist. Zudem sollte festgehalten sein, was mit den Daten und den Geräten passieren soll.

Zu denken ist dabei etwa an:

  • Private Bilder, Dateien oder andere Inhalte in einer Cloud-Software
  • E-Mail Accounts: Postfächer, Archive, Kontaktadressen
  • Social Media Accounts: Posts, Storys, Aktivitäten, Fotos, Reels und Videos usw.
  • Webseiten: Domains, Blogs, Internet-Auftritt
  • Lizenzen und digitale Güter: Software, digitale Musik, E-Books usw.
  • Bezahlkonten: Logins für Online-Shops, PayPal oder Kreditkarten
  • Digitale Währungen: wie Kryptowährungen oder Bitcoins
  • Zugang zu physischen Datenträgern: wie Mobiltelefonen oder Festplatten

Beispiele für die digitale Nachlass-Regelung

Notieren Sie Ihren letzten Willen bezüglich Ihrem digitalen Nachlass in einem Testament oder Erbvertrag sowie allenfalls einer Zusatzliste mit den Zugangsdaten etc. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Liste immer aktuell ist und hinterlegen Sie das Dokument sicher auf Papier oder doppeltem Datenträger an einer Stelle, auf die Ihr Erbe Zugriff hat (z.B. in einem Safe).

Aufgepasst: Niedergeschriebene Zugangsdaten sind sehr heikel und daher sicher aufzubewahren oder einer Vertrauensperson zu übergeben, welche die Daten sicher verwahrt (z.B. in einem Safe).

Von Vorteil ist es auch, wenn Sie eine handschriftliche Vollmacht erstellen, mit einem Datum versehen und unterschrieben. Unabdingbar ist dabei, dass die Vollmacht «über den Tod hinaus» gilt. Orientieren Sie die bevollmächtigte Person, damit sie darüber Bescheid weiss.

Tipp: Am besten werden diese Informationen zusammen mit der Vorsorgevollmacht und dem Testament aufbewahrt.

Beispiele für eine solche digitale Nachlass-Regelung:

  • «Der Instagram-Account soll gelöscht werden.»
  • «Die YouTube-Videos sollen online belassen werden.»
  • «Die Website NAME.xy soll durch XY weitergeführt werden.»
Fazit und Schlussbemerkung

Die Thematik «digitaler Nachlass» ist aktueller den je. Jedoch sind sich nur wenige Menschen bewusst, wie viele Benutzerkonten sie besitzen und wie viele Passwörter und Benutzernamen sie verwenden – bei Google, Apple, Facebook, Instagram, Spotify, LinkedIn usw. oder auf Daten wie Fotos, Dokumente und ähnliches in diversen Clouds.

Damit die Erben jedoch möglichst problemlos darüber verfügen können oder auch um etwas löschen zu können, braucht es – zu Lebzeiten – ein aktives Zutun.

Der Autor lic. iur. Michel Rohrer ist ein ausgewiesener Spezialist für Arbeits- und Gesundheitsrecht und verfügt u.a. über eine Zusatzausbildung als Sicherheitskoordinator nach EKAS, Mail: michel.rohrer@aequitas-ag.ch, www.aequitas-kontrollen.ch, Tel. 061 281 75 15.

 

 

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Ein Kommentar

  1. Ich kann den Inhalt des Eintrags nur unterstreichen. Spätestens nach meiner Erbschaftsberatung weiß ich, wie wichtig es auch ist, den digitalen Nachlass zu regeln.

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