Freitag, 20. September 2024
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Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet grundsätzlich auch der Versicherungsschutz der Arbeitnehmenden. Für Arbeitgebende gelten in diesem Zusammenhang gesetzliche Informationspflichten. Bei Nichtbeachten dieser Pflichten können Arbeitgebende zur Leistung von Schadenersatz verurteilt werden.

Autor: lic. iur. Michel Rohrer

Gemäss Art. 331 Abs. 4 OR (Obligationenrecht) ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmenden über die ihm gegenüber einer Vorsorgeeinrichtung oder einem Versicherungsträger zustehenden Rechte die notwendigen Informationen zu geben (Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts, 3. Juni 2010 (4A_186/2010.)

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Der entsprechende Gesetzestext lautet: «Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer über die ihm gegen eine Vorsorgeeinrichtung* oder einen Versicherungsträger** zustehenden Forderungsrechte den erforderlichen Aufschluss zu erteilen.»

Was bedeutet dies konkret? Nun, der Arbeitgeber hat während, aber auch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses verschiedene Informationspflichten. Kommt er diesen Informationspflichten nicht nach, kann dies für den Arbeitgebenden sehr teuer werden – etwa dann, wenn der ehemalige Arbeitnehmende einen Unfall hat oder schwer krank wird, bevor er eine neue Stelle antritt.

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Zur besagten Informationspflicht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bzw. während der Kündigungsfrist gehört es, dass die Arbeitnehmenden über ihre Versicherungsdeckung für die Zeit nach dem Austritt informiert werden – unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber gekündigt hat.

Die Beweispflicht hierfür liegt beim Arbeitgebenden. Kann er nicht nachweisen, dass er seiner Informationspflicht nachgekommen ist, drohen dem Arbeitgeber je nachdem hohe Schadenersatzzahlungen.

Pensionskassenversicherung

Arbeitnehmende sind, sofern diese überhaupt einen BVG-pflichtigen Lohn verdient haben, während eines Monats nach Austritt in der bisherigen Pensionskasse weiterhin gegen die Risiken Tod und Invalidität versichert.

Für den Fall, dass die ausscheidenden Arbeitnehmenden noch keine neue Stelle haben und auch noch nicht beim Arbeitslosenamt (RAV) gemeldet sind, sind diese auf die verschiedenen freiwilligen Weiterversicherungsmöglichkeiten für Einzelpersonen bei der Stiftung Auffangeinrichtung hinzuweisen.

Unfallversicherung

Arbeitnehmende sind während 31 Tagen nach Austritt beim bisherigen Unfallversicherer gegen Unfall versichert. Zudem gilt, dass sie während der gleichen Zeitspanne auch gegen die Folgen eines Nichtberufsunfalls (NBUV) versichert sind, sofern sie mehr als acht Stunden pro Woche angestellt waren.

Auch hier gilt: falls die ausscheidenden Arbeitnehmenden noch keine neue Stelle haben und auch noch nicht beim Arbeitslosenamt (RAV) gemeldet sind, können sie beim bisherigen Unfallversicherer eine Abredeversicherung abschliessen.

Arbeitnehmende, welche von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch machen möchten, sind darauf hinzuweisen, dass die Unfalldeckung bei ihrer privaten Krankenkasse wieder eingeschlossen werden muss (vgl. hierzu auch Art. 72 Abs. 2 UVV, Verordnung zum Unfallversicherungsgesetz).

Hinweis: Die Unfallversicherung über die private Krankenversicherung übernimmt «nur» die Behandlungskosten. Zudem sind bei der Krankenkasse die Franchise und der Selbstbehalt als Kosten zu berücksichtigen. Die (Unfall-)Abredeversicherung hingegen zahlt ab dem dritten Tag 80 Prozent des bisherigen Gehalts aus.

Es empfiehlt sich eine Abredeversicherung insbesondere für:

  • austretende Arbeitnehmende ohne neue Anstellung oder mit einer längeren Lücke bis zum neuen Stellenantritt
  • Personen, die ein «Sabbatical» einlegen möchten
  • für ausgesteuerte Arbeitslose.
Krankentaggeldversicherung

Besteht eine Kollektiv-Krankentaggeldversicherung, kann der austretende Arbeitnehmende in der Regel in die Einzel-Krankentaggeldversicherung eintreten. Massgebend sind hier die Bestimmungen der Versicherungspolice, welche den Arbeitnehmenden bekanntgegeben werden müssen.

Schadenersatzforderung bei Austritt vermeiden

Beim Austritt eines Arbeitnehmenden sollte dieser ein entsprechendes «Informations-Austrittsschreiben» unterzeichnen. Nur so ist der Arbeitgeber in der Lage zu beweisen, dass er seiner gesetzlichen Informationspflicht nachgekommen ist.

Bei Nichtbeachten dieser gesetzlichen Informationspflicht kann der Arbeitgeber zur Leistung von Schadenersatz verurteilt werden. Je nach Sachverhalt kann dies beispielsweise bis zu zwei Jahresgehälter (80 Prozent des Lohnes) betragen!

*    Pensionskasse
**   Unfall- oder Taggeldversicherung

Der Autor
lic. iur. Michel Rohrer ist Partner der Streicher & Brotschin Treuhand AG, Gartenstrasse 101, 4052 Basel und als ausgewiesener Spezialist und Sicherheitskoordinator nach EKAS u.a. spezialisiert auf Arbeits- und Gesundheitsrecht, michel.rohrer@sbtbs.ch, Telefon 061 272 50 30.

 

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