Freitag, 20. September 2024
Anzeige

In einer modernen Gesellschaft sieht man sie überall: am Küchentisch, in Cafés, in Zügen, auf Bänken. Menschen mit Laptops, Tablets und Mobiltelefonen. Öffentliche Plätze und das eigene Zuhause werden zum mobilen Büro. Was man dabei nicht vergessen darf: Auch für mobil Arbeitende ist es wichtig, auf Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz zu achten. Was gilt es zu beachten?

Wir sitzen im Zug, über das Mobiltelefon gebeugt, tippen vertieft eine E-Mail und spüren irgendwann ein unangenehmes Ziehen im Nacken. In der typischen, vornübergebeugten «Mobiltelefon-Haltung» weist unser Nacken einen 60-Grad-Winkel auf. Dabei ist er einer Zugkraft von 27 Kilogramm ausgeliefert, wie eine Studie von 2014 des amerikanischen Wirbelsäulenchirurgen Kenneth Hansraj im Fachmagazin Surgical Technology International zeigt. Kein Wunder, dass der Nacken zu schmerzen beginnt.

Anzeige

Leider schenken wir diesem Ziehen selten Beachtung. Wir arbeiten weiter, bis der Zug im nächsten Bahnhof steht und können auch beim Aussteigen kaum die Augen vom kleinen Bildschirm lassen. Stolperfallen sind vorprogrammiert. Seit uns die moderne Arbeitswelt die Freiheit lässt, auch von unterwegs oder von zu Hause zu arbeiten, haben sich neue Probleme in unseren Alltag geschlichen. Am Küchentisch, auf dem Sofa oder im Zugsessel sitzend haben wir nicht die Möglichkeit, unsere Sitzgelegenheit optimal auf unsere Bedürfnisse anzupassen.

Der 15-Minuten-Rhythmus

Anzeige

Um gesundheitlichen Problemen vorzubeugen, ist es deshalb wichtig, auch auf Nicht-Bürostühlen auf eine gute Sitz- und Kopfhaltung zu achten, die sitzende Tätigkeit regelmässig zu unterbrechen und die Position zu wechseln. Jack Dennerlein der Harvard School of Public Health empfiehlt, dies alle 15 Minuten zu tun. Die Empfehlung schreibt er gestützt auf seine Studien in einem Fachartikel von 2012 im Work: A Journal of Prevention, Assessment & Rehabilitation. Hält man diesen Rhythmus ein, kann man auch mal in einer weniger vorbildlichen Position mit dem Laptop auf den Knien auf der Parkbank verweilen – sofern man spätestens nach 15 Minuten wieder aufsteht. Unterstützung für die Arbeit unterwegs und zu Hause bieten auch Halterungen und Ständer für die mobilen Geräte, damit man den Kopf gerade positioniert und den Nacken entlastet. Auch das SECO weist im Flyer „Sitzen bei der Arbeit“ auf die gesundheitlichen Probleme bei langdauerndem Sitzen oder Arbeiten unter Zwangshaltungen hin. Ein häufiger Wechsel mit Stehen und Gehen wird auch für den „normalen“ Alltag empfohlen.

Auch die Augen spüren beim mobilen Arbeiten den Unterschied zum ergonomisch eingerichteten Arbeitsplatz. Da Bildschirme der mobilen Geräte oft spiegeln und kleiner sind als der Bildschirm im Büro, ermüden die Augen rascher. Zudem ist es anstrengender, auf den kleinen Tastaturen der mobilen Geräte Texte zu tippen. Nehmen wir eine externe Tastatur mit nach Hause, haben wir mehr zu schleppen, dafür wird das mobile Büro schon etwas ergonomischer – auch wenn damit nicht alle Probleme gelöst sind. Der Bildschirm bleibt kleiner und auch die Sitzposition ist im Zugabteil oder am Küchentisch nicht einfach «Ergonomie-konform» zu adaptieren.

Mobil Arbeiten ist Planungssache

Nebst den ergonomischen Herausforderungen sind mobil Arbeitende oft einem höheren Lärmpegel ausgeliefert als im Büro. Die Folge sind Wahrnehmungsverlust, Verlust von Konzentration und Gehirnleistung. Abhilfe schaffen Kopfhörer, die schallschützend wirken und die Umgebungsgeräusche eindämmen. Beachten sollte man ferner, dass man nicht selbst zu den Lärmverursachern gehört. Wie schnell sind bei Telefongesprächen vertrauliche Äusserungen erfolgt? Eine gute Planung kann zudem helfen, die mobile Arbeit zu optimieren. So plant man für die Arbeit unterwegs am besten solche Arbeiten ein, die weniger Konzentration benötigen oder bei denen man nicht ständig vornübergebeugt auf den kleinen Bildschirm schauen muss: Termine planen, kürzere Recherchearbeiten, Lese- und Korrekturarbeiten auf Papier. Konzentrations- oder längere Schreibaufträge verschiebt man besser auf jene Zeit, in der man sich am guten und ergonomisch eingerichteten Arbeitsplatz befindet.

Auch im klassischen Büro mobil arbeiten

Mobiles Arbeiten findet übrigens nicht nur ausserhalb des Büros statt: Im modernen Büro trifft man heute Sofaecken, Bars, Stehpulte und andere Möglichkeiten an, die dazu einladen, die Arbeit am klassischen Arbeitstisch zu unterbrechen und die neue Umgebung für einen Tapetenwechsel zu nutzen. Gibt es solche alternativen Arbeitsplätze in Ihrem Büro, nutzen Sie sie! Aber vergessen Sie nicht, nach spätestens 15 Minuten die Position zu ändern. Insbesondere der Nacken wird es Ihnen danken.

Diese und weitere Tipps stellt die Eidgenössische Koordinationskommission für Arbeitssicherheit EKAS kostenlos zur Verfügung. Informationsbroschüren und unterhaltsame Online-Tools zur Verbesserung der Sicherheit und Gesundheit im Büro finden Sie auf: www.prävention-im-büro.ch

Autor: Urs Hof, Mitglied der Begleitgruppe der Aktion «Prävention im Büro» der Eidgenössischen Koordinationskommission für Arbeitssicherheit EKAS, Arbeitshygieniker SGAH / SSHT, Europa Ergonom CREE, Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, Ressort Grundlagen Arbeit + Gesundheit , Bern

 

Lesen Sie auch:

Wir haben Angst. Vor dem Büro.

Teilen:
Antwort schreiben

Anzeige
Exit mobile version