Freitag, 18. Oktober 2024
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Ein Schlaganfall kommt gar nicht so selten vor. Ihn zu erkennen, kann aber herausfordernd sein. Im Rahmen ihrer diesjährigen Safety Days liess die Stahl Gerlafingen AG deshalb sämtliche Mitarbeitenden auch rund um die Erste Hilfe bei einem Schlaganfall schulen.

«Ein Schlaganfall ist ein häufiger Notfall, der aber oft nicht erkannt wird – oder erst viel zu spät», sagt Eliane Kurt, dipl. Expertin Notfallpflege NDS HF und Ausbilderin bei notfallTraining Schweiz GmbH. «Ich erlebte erst kürzlich einen Fall eines Patienten, bei dem die Chance bestanden hätte, den Gefässverschluss aufzulösen. Leider wurde 24 Stunden gewartet, wodurch es zu spät war für die Lysetherapie. Der Schaden war so immens, dass dieser Mensch nun halbseitig gelähmt ist. Das ist ärgerlich und schade.»

Die Safety Days der Stahl Gerlafingen AG

Genau deshalb will Eliane Kurt ihre Teilnehmer sensibilisieren, damit Schlaganfall-Symptome rechtzeitig erkannt und ernstgenommen werden und keine Zeit verstreicht. An den Safety Days der Stahl Gerlafingen AG hat sie genau dies getan. Im August 2024 schulte das Unternehmen während vier Tagen die ganze Belegschaft an vier verschiedenen Posten – die Teilnahme war obligatorisch, für alle 564 Mitarbeitenden, die nicht gerade in den Ferien waren.

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«Wir tun das, um der Belegschaft aufzuzeigen, wie wichtig die Arbeitssicherheit ist, für die Gesundheit und Unversehrtheit», sagt Frank Sester, Sicherheitsexperte und Leiter der Abteilung Arbeitssicherheit bei Stahl Gerlafingen AG. «Das Thema ist auch ein wichtiger Bestandteil der Philosophie der Beltrame-Group, zu der wir gehören. Einmal jährlich nehmen wir die Mitarbeitenden von ihrem Arbeitsplatz raus und sprechen über die Arbeitssicherheit und die Erste Hilfe.»

Ein Schlaganfall muss erst erkannt werden

«Wir recyclen Stahl», sagt Frank Sester. «Das heisst, wir arbeiten in einem schwierigen Umfeld mit heissen Medien, in der Schwerindustrie, das Spektrum ist breit und nicht ohne Gefahren. Wir instruieren unsere Mitarbeitenden regelmässig, es gibt ein Einarbeitungsprogramm rund um Arbeitssicherheit und ein entsprechendes Programm direkt vor Ort. Trotzdem zählen wir jeden Tag Beinahe-Unfälle und kleinere Unfälle – und leider auch immer wieder Betriebsunfälle. Wir nehmen diese, um zu lernen und es besser zu machen. Unser Ziel ist null Unfälle. Das ist erreichbar!»

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Den Schlaganfall als Erste-Hilfe-Thema der diesjährigen Safety Days wählte Frank Sester ganz bewusst. «Das ist zwar kein alltägliches Szenario», sagt er, «aber die Gefahr besteht für alle, ob alt oder jung. In unserem schwierigen Arbeitsumfeld werden solche Fälle recht schwer entdeckt. Weil die Erste Hilfe aber wahnsinnig schnell erfolgen muss, wollen wir jeden und jede informieren und schulen – was sie vielleicht auch im privaten Bereich nutzen können.»

BE FAST: schnell sein rettet Leben

Um einen Schlaganfall zu erkennen, eignet sich die Leitlinie «BE FAST». Aus dem Englischen abgeleitet bedeutet sie «schnell sein». Die sechs Buchstaben stehen aber auch für sechs wesentliche Punkte, die für das Erkennen und Reagieren in einem solchen Notfall wichtig sind:

  • Balance (Gleichgewicht): plötzlich auftretende Gleichgewichtsstörungen, Links-/Rechtsneigungen beim Gehen oder Schwindel wie nach einer Karussellfahrt sind mögliche Anzeichen für einen Schlaganfall.
  • Eyes (Augen): plötzliche Sehstörungen oder ein Sehverlust, verschwommene Sicht oder Doppelbilder auf einem oder beiden Augen sind ebenfalls Anzeichen.
  • Face (Gesicht): wenn Patienten den Mundwinkel beim Lächeln nur noch einseitig nach oben bewegen, eine Gesichtshälfte nicht mehr fühlen oder Wasser aus einem Mundwinkel läuft, sollten die Alarmglocken schrillen.
  • Arms (Arme): eine Kraftminderung, beim Händedruck beispielsweise, oder die Unfähigkeit, beide Arme auszustrecken und dann die Handflächen zu drehen, gehört ebenfalls zu den möglichen Symptomen eines Schlaganfalls.
  • Speech (Sprache): Kann der Patient einen einfachen Satz nachsprechen? Ist die Aussprache seltsam? Verwendet er andere Bezeichnungen oder für unterschiedliche Dinge die gleichen Bezeichnungen? Lallt er, ist er schwer zu verstehen? All das sind weitere Anzeichen.
  • Time (Zeit): «Es pressiert», sagt Eliane Kurt. «85 Prozent der Patienten haben einen Gefässverschluss im Gehirn. 15 Prozent haben eine Gehirnblutung. Mit den richtigen Medikamenten haben wir eine Chance den Gefässverschluss aufzulösen und die Durchblutung wieder herzustellen. Dafür haben wir aber nur ein Zeitfenster von maximal viereinhalb Stunden.»
Was tun bei einem Verdacht?

«Sofort die 144 anrufen», sagt Eliane Kurt. «Jeder Betrieb hat Notfallszenarien, aber gerade bei einem Schlaganfall pressiert es. Und: nicht jedes Spital kann eine sogenannten ‘Lyse’ machen. Der Rettungsdienst weiss, wohin er mit den Patienten muss. Fährt man die Patienten selbst in ein Spital, von wo aus sie weitertransportiert werden müssen, verliert man wertvolle Zeit. Sobald also ein Buchstabe aus BE FAST zutrifft, muss man unbedingt die 144 alarmieren.»

Die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes sollten Ersthelfer:innen vor allem nutzen, um die Patienten zu beruhigen. «Es kann Angst machen, was dann abgeht», sagt Eliane Kurt. «Das kann ein hilfloses Gefühl sein, also muss man die Patienten beruhigen und darüber informieren, dass Hilfe unterwegs ist. Allenfalls können die alarmierten Betriebssanitäter:innen die Betroffenen lagern – eher flach, ausser es ist ihnen übel. Mehr kann man nicht tun, um die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes zu überbrücken.»

Das Wichtigste in 20 Minuten

Eliane Kurt begrüsst es, dass die Stahl Gerlafingen AG sich um das Thema kümmert – und auch das kann man ‘schnell’ machen. Für das Wichtigste reichen die gut 20 Minuten ihres Workshops. «Klar, man könnte noch viel weiter ausschweifen», sagt sie. «Aber wenn man die wichtigsten Elemente interaktiv vermittelt, bleibt vielleicht sogar mehr als nach einem stündigen Theorieblock. Ich glaube, die Quintessenz – BE FAST und die Notrufnummer – konnten wir Ausbilderinnen von notfallTraining Schweiz GmbH allen 564 Mitarbeitenden der Stahl Gerlafingen AG vermitteln.»

In Zusammenarbeit mit notfallTraining Schweiz GmbH.

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Chefredaktor safety-security.ch / CEO bentomedia GmbH / Präsident der Schweizerischen Vereinigung für Betriebssanität SVBS / SFJ-Award für Qualitäts-Fachjournalismus

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