Dienstag, 17. Dezember 2024
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Einbrecher und Diebe gehen meistens den Weg des geringsten Widerstands. Dass die Forensik auch dank neuen Technologien immer schneller und zielgenauer wird, erhöht diesen Widerstand. Und nun kommt schon der nächste: Sprühnebelsysteme mit Smartwater helfen dabei, Diebe dingfest zu machen.

Es ist ruhig in der Schweiz. Vor allem in der Ostschweiz. Banküberfälle oder gesprengte Bankomaten sind hier kaum mehr Schlagzeilen. Trotzdem: «Einbrüche bleiben auch hier ein Massendelikt», sagt Andreas Rippert. Er ist Leiter des Kompetenzzentrums Forensik bei der Kantonspolizei St. Gallen und seit rund 20 Jahren in der Forensik tätig. «Unsere Mitarbeitenden vom Kriminaltechnischen Dienst müssen immer noch täglich Spuren sichern, oft auch im privaten Bereich.»

Forensik wird effizienter, aber kein Kinderspiel

Die technologische Entwicklung mache es einfacher, DNA-Auswertungen zu machen, was zudem schneller und günstiger wurde. «Auch verbessern sich die Entwicklungsmöglichkeiten zu Fingerabdrücken laufend», sagt Andreas Rippert. «Leuchtquellen, Bildaufnahmemöglichkeiten, da sind wir grosse Schritte gegangen und es ist einfacher geworden, Spuren am Ereignisort aufzunehmen.»

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Herausfordernd bleibe die Forensik dennoch. «Man kommt an einen Ereignisort, sieht was vorgefallen ist und entscheidet dann, wo man die richtigen Spuren sucht», sagt Andreas Rippert. «Dazu muss man sich auch in die Täter hineinversetzen, zum Beispiel, welche interessanten Gegenstände sie gesehen und berührt haben könnten. Dort finden wir dann die Spuren, die zu einer Person führen.»

Smartwater: Unsichtbar und doch ein handfestes Beweismittel

Neuerdings wird es für Diebe noch gefährlicher. In der Schweiz gibt es nun nämlich Sprühnebelsysteme mit Smartwater. Und wo diese bereits breit im Einsatz sind, zum Beispiel in Grossbritannien, nehmen Einbruchdiebstähle deutlich ab – der Teufel scheut das Weihwasser, Diebe scheuen Smartwater. «Die Polizei ist dadurch erfolgreicher und kann einfacher nachweisen, dass ein Verdächtiger am Ereignisort war», sagt Walter Lange, Produktmanager für Einbruchmeldeanlagen bei Siemens Schweiz AG. «So ist die Verurteilungsrate wesentlich höher, was natürlich abschreckt.»

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Smartwater ist eine Flüssigkeit, die aus verschiedenen seltenen Erden besteht – in jeder Kartusche in einer individuellen und einzigartigen Zusammensetzung. Die jeweilige Zusammensetzung kann exakt einer Dose zugeordnet werden. «Kommt man damit in Berührung, weiss die Polizei genau, wo jemand besprüht wurde», sagt Walter Lange.

Im Alarmfall produziert ein Stössel Druck und Smartwater wird über eine Düse verteilt – so fein, dass man es kaum bemerkt. «Wer sich darunter befindet, wird besprüht und dadurch markiert», sagt Walter Lange. «Sprühnebelsysteme sind auch gut in bestehende Einbruchmeldeanlagen integrierbar und können mit Panikknöpfen ausgerüstet werden. Wird beispielsweise ein Juwelier Opfer eines Überfalls, kann er während der Flucht der Diebe den Panikknopf drücken und die Diebe markieren.»

Was die Forensik mit Smartwater anfangen kann

«Aus forensischer Sicht ist es interessant, dass in solchen Flüssigkeiten Elemente sind, die uns direkt zur Täterschaft führen», sagt Andreas Rippert. «Sie sind eine Art Fingerabdruck, wir können das vergleichen, wenn wir es auf Kleidern oder auf der Haut von Verdächtigen finden. Dann wissen wir, dass die Person wirklich dort war. Wir sind aber bei der Polizei. Für uns ist auch die Prävention sehr wichtig. Und auch hier hilft es. Wenn Einbrecher sehen, dass es hier einen zusätzlichen Schutz gibt, überlegen sie es sich doppelt.»

Der alleinige Hinweis auf oder das Wissen über das Vorhandensein eines solchen Sprühnebelsystems habe auf jeden Fall einen Effekt, sagt Andreas Rippert. «Meistens ist es nicht nur eine Massnahme, die vor Dieben schützt. Es sind Kombinationen, beispielsweise aus Panzerglas, Alarmanlage und weiteren Elementen wie Sprühnebelsystemen, die es für Täter schwierig machen, zum Ziel zu kommen. Letztlich gehen aber auch Einbrecher immer den Weg des geringsten Widerstandes.»

Es hält und hält und hält

«Smartwater ist sehr hartnäckig», sagt Walter Lange. «Die Flüssigkeit bleibt sehr lange auf Gegenständen haften, man bringt sie fast nicht mehr weg. Sie ist unter normalem Licht nicht sichtbar, sondern nur unter UV-Licht. Die Polizei kann gefasste Verdächtige mit UV-Licht anschauen, eine Probe des gefundenen Smartwaters auf Kleidern oder auf der Haut ins Labor senden und innert kurzer Zeit wissen, ob es sich um die gesuchten Personen handelt.»

Am besten eigne sich das dort, wo Wertgegenstände sind, die man schützen will – also beispielsweise in Bankfilialen, Bijouterien, Einfamilienhäusern oder wo auch immer jemand etwas stehlen will. Weniger geeignet sei es allenfalls in Museen mit wertvollen Gemälden.

«Auf Gegenständen haben wir Chancen, das wegzubringen», sagt Andreas Rippert. «Auf einem Gemälde, das nicht eingepackt und geschützt ist, wird es schwierig. Sprühnebelsysteme oder Farblösungen sind nicht unbedingt geeignet, um Bilder zu schützen. Wir kennen das von den Farbbomben bei Geldtransporten und Bankomaten oder von Farbmarkierungen bei Kleidern – da ist der Gegenstand nicht mehr zu gebrauchen, weder von den Tätern noch von den Eigentümern. Solche Lösungen eignen sich also vor allem dort, wo man Täter fassen will, Gegenstände aber ersetzen kann.»

Wo Smartwater nicht ewig hält: auf der Haut. Und das ist ein entscheidendes Element bei der Fahndung nach Tätern. «Ein oder zwei Monate nach der Tat hat sich die oberste Hautschicht abgelöst, dann ist Smartwater auf der Haut nicht mehr nachweisbar», sagt Andreas Rippert. «Es bleibt also eine Zeitfrage, die Täter zu finden, und deshalb bleibt es wichtig, dass wir unsere polizeiliche Arbeit machen und der Täterschaft möglichst schnell habhaft werden.»

Neu in der Schweiz

Die Flüssigkeit Smartwater gibt es wie erwähnt schon lange, aber die passenden Sprühnebelsysteme sind neu, besonders in der Schweiz. So neu, dass Andreas Rippert bislang noch gar nicht damit arbeiten konnte. «Die Systeme werden bei einigen Bankomaten eingesetzt und wo sie installiert sind, gibt es weniger Zwischenfälle», sagt er. «Wir hatten aber bislang noch niemanden, den es traf. Ich bin immer noch sehr gespannt darauf.»

Letztlich werde Smartwater allein keine Einbrecher vertreiben, sagt Walter Lange. «Aber es hilft der Polizei beim Aufklären der Straftat. Sie kann klar nachweisen, dass Verdächtige zur Tatzeit am Tatort waren. Und auch wenn Gegenstände markiert wurden und sie viele Jahre später wieder auftauchen, kann man noch nachweisen, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort waren – und wem sie gehören.»

In Zusammenarbeit mit Siemens Schweiz AG

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Chefredaktor safety-security.ch / CEO bentomedia GmbH / Präsident der Schweizerischen Vereinigung für Betriebssanität SVBS / SFJ-Award für Qualitäts-Fachjournalismus

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